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Beiwagen 4391
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Mangelnder Platz in der Fahrzeughalle erzwingt noch immer die Freiaufstellung einiger Fahrzeuge. Die genietete Aluminiumkonstruktion der V7B erwies sich als erstaunlich korrosionsbeständig, so dass der Beiwagen auch ohne Plane im Freien gezeigt werden kann. Da sein Platz normalerweise dicht an der Straße ist, kann er sich mit Werbung ein wenig Geld hinzuverdienen, auch wenn es ein den ganzen Wagen umlaufendes Werbeband - wie hier zu sehen - zu seinen Einsatzzeiten nicht gegeben hat. Wie es sich in der Umstellungszeit auf Einmannwagen gehörte, kennzeichnet die beige Abdeckung der elektrischen Kupplungskontakte die Kontaktbelegung des Einmannbetriebes, was die Verwendung hinter nicht umgebauten Triebwagen ausschloss. Foto: © W. Greiffenberger.
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Technische Daten
Wagennummer | 4441 / 4391 |
Typ | V7B / V7BE |
Hersteller | Orenstein-Koppel & Lübecker Maschinenbau, Berlin-Spandau |
Baujahr/Fabriknummer | 1957 / ? |
Früherer Einsatzort | Hamburg |
Länge | 14450 mm |
Breite | 2200 mm |
Radstand | 5200 / 1600 mm |
Spurweite | 1435 mm |
Masse | 10350 kg |
Bremse | Solenoidscheibenbremse / Magnetschienenbremse / Handbremse |
Kupplung | vorne automatische Kupplung Typ Scharfenberg,
hinten Bolzenkupplung Typ Hamburg |
Beleuchtung | Leuchtstoffröhren und Glühlampen |
Heizung | Frischstrom |
Sitz- / Stehplätze | 29 / 90 |
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Fahrzeuggeschichte
Noch bevor die ersten V6-Serienwagen fertig waren, begann Falkenried 1950 mit dem Bau des V7 Probezugs 3062+1332, der am 16. März 1951 parallel mit den ersten V6-Serienwagen in Betrieb ging, womit diese bereits bei Indienststellung als überholt gelten konnten. Aber es war wohl zu spät, die laufende V6-Produktion auf V7 umzustellen, auch lagen noch keine Erfahrungen mit den V7-Wagen vor. So kam es erst nach Auslieferung aller V6 zur Bestellung von V7/V7B, an deren Fertigung sich Falkenried nicht mehr beteiligte. Die Lieferung der ersten Serie von 50 Trieb- und 30 Beiwagen begann 1953. Weitere 5 Beiwagen kamen im Sommer 1955. Die letzten 40 Trieb- und 45 Beiwagen gingen 1957 in Betrieb, wobei die Beiwagen ein paar Monate früher als die Triebwagen eintrafen. Alle Triebwagen lieferte Linke-Hofmann-Busch in Salzgitter, alle Beiwagen O & K, die sich damals "Orenstein-Koppel & Lübecker Maschinenbau" nannten.
Die Beiwagen erhielten anfangs die gewohnten fortlaufenden Nummern ab 1433, die letzten wurden gleich nach dem neuen Nummernplan von 1957 in Dienst gestellt, so dass es nach 1500 mit 4433 - 4444 weiterging. Durch Nummerntausch wurde der Probewagen vom 1332 zum 1432. Um 1958 wurden dann allmählich die neuen Nummern aufgemalt: 1432 ⇒ 4290, 1457 ⇒ 4499, 1433-1456 ⇒ 4200-4223, 1458-1462 ⇒ 4224-4228, 1463-1467 ⇒ 4230-4234 und 1468-1500 ⇒ 4400-4432. Der Probewagen wurde allmählich den Serienwagen angepasst und erhielt zunächst den Liniennummernaufsatz hinten. Später entfiel die zweite Vordertür. Er war dann fast nur noch an seiner Sitzanordnung nach V6B-Muster zu erkennen, die bis zum Schluss blieb. Von der Beheimatung ist erinnerlich, dass um 1957 Wagen der ersten Lieferung und die der 2. Lieferung zu Angerstraße gehörten, während die letzte Lieferung wie bei den Triebwagen auf Lokstedt und Bahrenfeld verteilt war, aber nicht in sauberer Nummernfolge.
1468 - 1482 sowie unser 4441 und 4442 gehörten Lokstedt, alle anderen Bahrenfeld. Erst nach einigen Jahren verstreuten sich die Wagen auch auf andere Betriebshöfe.
Während die Serien-Triebwagen bis auf Schwenktüren, eckige Fenster, großes Linienband, Leuchtstoffröhren, veränderte Sitzanordnung, Pagholz-Innenverkleidung und mehr Übersetzfenster noch den V6 ähnelten, waren die V7B innovativer. Insbesondere der bis auf die Hauptträger aus genietetem Aluminium gefertigte Wagenkasten trug zur Gewichtseinsparung bei. Auch die Drehgestelle waren völlige Leichtbau-Neukonstruktionen mit Leichtmetall-Radscheiben und Gummiringfederung. Von den beim V6B verwendeten elektromagnetischen Klotzbremsen ging man wieder ab, da man in ihnen die Ursache für häufige Flachstellen vermutete und verwendete wieder Scheibenbremsen. Bei der letzten Serie wirkte auch die Handbremse auf die Bremsscheiben, so dass die Bremsklötze entfallen konnten. So waren die Serien-V7B etwa 1700 kg leichter als die V6B. Im Inneren glichen sie den Triebwagen weitgehend, hatten aber mit Aluminiumblech statt Holz verkleidete Fenstersäulen und unter den festen Fenstern Alu-Schwitzwasserrinnen.
Wie bei den Triebwagen erhielt die letzte Serie von Anbeginn an automatische Wechselkassen, die sich aber nicht bewährten und bald wieder verschwanden, der abweichende Zahltisch blieb aber wie auch die getrennte Nummernreihe, die auch dazu fürte, dass der Kassen-Probewagen 1457 zum 4499 wurde. Ansonsten änderte sich an den Beiwagen zeitlebens nur wenig. So blieben sogar die kleinen Eckfenster an den Wagenenden erhalten, die bei allen anderen Wagen dichtgemacht wurden. Mit Aufgabe der Postbeförderung zum 1.4.1958 - die Briefkästen wurden am Hbf. geleert - wurde erst mal nur der Briefschlitz mit dem sowieso vorhandenen Schloss verschlossen und der Briefkasten rot übergemalt. Erst bei Hauptuntersuchungen wurden die Briefkästen meist ausgebaut.
Die kleinen Linienbänder in den Zielkästen der ersten Serie entfielen zugunsten der breiteren Zielrolle wie bei den späteren Wagen. Ab 1961 war das Rauchen in der Straßenbahn nicht mehr erlaubt. Die weiße Transparentschrift auf rotem Grund "Raucher" links oben neben dem Einstieg wurde rot übergemalt, erst später wurde eine klare Scheibe in dieses Fenster eingebaut. Nach und nach wurden die meist vom Teer aus dem Tabak unappetitlich gelbbraunen Wagendecken gereinigt, so dass sie wieder hell und freundlich wurden. Etwa zu dieser Zeit wurden auf der Fensterseite an jedem zweiten Sitz mit braunem Kunststoff ummantelte senkrechte Griffstangen nachgerüstet, die oben in einem Bogen zur dort längs verlaufenden Alu-Griffstange führten.
Zeitweilig wurden Werberahmen am Dachrand angebracht, in die Wechselwerbung eingesteckt werden konnte, später klebte man diese an die Decke. Auch an manchen Sitzlehnen gab es zeitweilig Werberahmen. Die Lattenfußböden wichen Gummibelägen.
Nur wenige Monate war Wagen 4434 1964 testweise vom Betriebshof Lokstedt aus als schaffnerloser Beiwagen mit Tw 3225 auf der Linie 18 im Einsatz. Hierzu erhielt er Trittstufenkontakte und automatisch schließende Türen. Zur Türöffnung wurden Transparentkästen mit Druckknopf eingebaut, die vom Fahrer freigegeben wurden und dann eine Leuchtschrift zeigten. Weiter erhielt der Wagen Notbremsen und eine Abreißbremse. Der Versuch wurde bald zugunsten von Einmanntriebwagen aufgegeben und der Wagen weitgehend wieder zurückgebaut. Er befindet sich heute im Dänischen Straßenbahnmuseum, an der Mittelsäule des Einstiegs ist noch immer erkennbar, wo sich einst Transparent und Türdruckknopf befanden.
Kleine Umbauten gab es noch zur Verwendung hinter Einmannwagen. Dies beinhaltete hauptsächlich eine Türfreigabe für die Ausstiege, die analog dem schaffnerlosen Beiwagen erfolgte und eine Änderung der Kontaktbelegung der Kupplung erforderte. Geschlossen wurden die Türen weiterhin durch den Schaffner. Die umgerüsteten Wagen wurden als V7BE bezeichnet und erhielten vorübergehend einen beigen Anstrich der Schutzklappe der E-Kupplung. Und natürlich gab es neue Wagennummern: Die der ersten beiden Serien stiegen um 100, die der dritten fielen um 50. Probewagen 4290 wurde 4398 und Kassen-Probewagen 4499 zu 4399. Mitte 1966 wurde 4399 dann als 4329 wieder in den Nummernbereich seiner Bauserie eingeordnet, nun allerdings als deren letzter. Alle V7B wurden zu V7BE umgebaut.
im Februar 1976 endete der Beiwagenbetrieb, der zuletzt nur noch im Berufsverkehr der Linie 1 zwischen Innenstadt und Winterhude stattfand. VVM-Museumswagen wurde 4391, ehemals 4441. Wie auch einige andere Wagen war er in seinen letzten Jahren mit einer Totalwerbung bemalt. Es gab zwei V7B und 2 V6E mit identischer Bierwerbung. Die Wagen sollten möglichst zusammen eingesetzt werden, woran man sich auch hielt. So war 4391 eigentlich immer mit 3550 oder 3559 unterwegs.
Er verblieb noch ein paar Monate im Betriebshof Krohnskamp und wurde am 7. Mai 1977 zum Schönberger Strand gebracht. Dort erhielt er in mehreren Schritten wieder den normalen rot/beige/silbernen Anstrich, wurde aber ansonsten noch nicht grundlegend aufgearbeitet.
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Museale Bedeutung
Wie bei den meisten Fahrzeugbauarten blieben auch bei den V7 die Beiwagen viel originaler erhalten als die Triebwagen. Mit ihrer Alu-Leichtbauweise sind die V7B die modernsten Wagen Hamburgs gewesen. Damit sollte diese Bauart im Museum keinesfalls fehlen.
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Weitere Bilder
Im Mai 1973 ist das Ende der Eimsbütteler "3" nicht mehr lange hin, höchste Zeit für ein paar Abschiedsbilder. 4391 fährt hier die Osterstraße Richtung Schulweg hinunter. Foto: © W. Greiffenberger.
Am 4. Februar 1976 sind die Tage der Beiwagenbetriebes gezählt. 4391 war mit 3559 bis zum Schluss dabei und hat hier gerade die Haltestelle Hbf. Kirchenallee verlassen. Foto: © W. Greiffenberger.
Nur wenige Sekunden weiter noch ein "Rückschuss" auf 4391. Gut erkennt man die bremsklotzfreien Radsätze, nur bei der letzten V7B-Serie wirkte auch die Handbremse auf die Bremsscheiben der elektromagnetischen Betriebs-Scheibenbremse. Foto: © W. Greiffenberger.
6 Jahre steht 4391 am 17. Juni 1983 nun schon auf dem Eisenbahngleis 1 am Bahnsteig Schönberger Strand, wirbt immer noch für Bier und macht auch noch einen passabel erhaltenen Eindruck. Dass es Probleme gibt, sieht man erst auf den zweiten Blick: Der Blech-Trittstufenkasten des linken Einstiegs hat seinen Geist aufgegeben. Foto: © W. Greiffenberger.
Am 18. Mai 2005 fehlt 4391 außer der Werbung noch die Beschriftung. In seinem "richtigen Leben" warb er - soweit erinnerlich - nie für Hochprozentiges und auch die tatsächliche Werbung auf anderen Wagen für dieses Produkt war etwas anders ausgeführt. Aus seiner Anfangszeit als 4441 sind überliefert "Knorr Fleischklößchensuppe" gefolgt von "Lysell Appetitsild" - dann verlieren sich die Spuren. Dass die Probleme mit den korrosionsanfälligen Trittstufenkästen noch nicht gelöst werden konnten, erkennt man beim genaueren Hinschauen. Foto: © W. Greiffenberger.
Und so sah 4391 am gleichen Tag von der anderen Seite aus. Foto: © W. Greiffenberger.
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