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Einheits-Durchgangswagen 2. Kl. Bi-29 27081 Altona


Bild nicht anzeigbar Fangen wir bei diesem Wagen doch mal mit einer der eher seltenen Innenaufnahmen an. Hier der Blick vom Mittelabteil auf den Gang zum Wagenende am 25. Februar 2004. Foto: © W. Greiffenberger.
Technische Daten
Wagennummer27081 Altona / VB 9
TypBi-29 Zeichn. Bi(379)01.000.
HerstellerLinke-Hofmann-Busch Breslau
Baujahr/Fabriknummer1929 /Vertrag 61.8905
Frühere BahngesellschaftDRG / DB / NVAG
Länge über Puffer14040 mm
Drehzapfen-/ Achsstand8500 mm
Raddurchmesser1000 mm
Masse18820 kg
BremseKkpbr, Spindel-Hbr.
Höchstgeschwindigkeit90 km/h
BeleuchtungEinh. Dyn. Bel.
Rahmengenietete Stahlprofile, mittragender Wagenkasten
Heizungurspr. Dampf, Webasto
Plätze 1/2/3/4.Kl./Steh-/40/-/-/?
Fahrzeuggeschichte
Mit Abschaffung der vierten Wagenklasse am 7.10.1928 bekam die Reichsbahn große Probleme. Mehr als die Hälfte aller Nahverkehrswagen hatte eine 4. Kl. Inneneinrichtung und wurde lediglich mit 3. Kl. Schildern versehen. Wer wollte aber schon mit der teureren 3. Kl. Fahrkarte weiter mit den spartanischen 4. Kl. Wagen fahren? Es kam zu starkem Andrang auf die originalen 3. Kl. Wagen und deren Fahrgäste flohen, so sie es sich leisten konnten, in die Polsterklasse, die dann auch überquoll. Zwar wurden von den Einheitswagen der Baujahre 1928 und 1929 mit 949 Stück recht viele als gemischklassige BCi ausgeführt, aber auch das reichte keineswegs.

So musste die Reichsbahn auf die Schnelle zuvor eigentlich gar nicht geplante reine Polsterklasse-Wagen konzipieren, die sich stark an die Einheitswagen der Austauschbauart anlehnten, mit 14,04 m aber 12 cm länger wurden. Außerdem erhielten sie abweichend geschlossene Endbühnen, um Zugluft im als Mittelgangwagen konzipierten Innenraum zu vermeiden. Mit den breiten Fenstern und komfortabler Polsterung fielen die Wagen fast luxuriös aus. In nur 1 1/2 Jahren wurde der Bi-29 konzipiert, konstruiert und in 1632 Exemplaren von diversen Waggonfabriken geliefert.

Inzwischen hatte sich die Fahrgastsituation entspannt, einerseits waren etliche 3. Kl. Wagen neu entstanden, andererseits kehrte mancher in die ex 4. Kl. zurück - besser dort spartanisch sitzen als in der 3. Kl. zu stehen. In der Weltwirtschaftskrise mussten etliche auch wieder auf den teuren Polsterklasse-Komfort verzichten und kehrten in die holzklasse zurück und krisenbedingt sanken auch die Fahrgastzahlen. Als die letzten Bi-29 geliefert wurden, wurden sie eigentlich schon gar nicht mehr alle gebraucht.

So ersetzten sie nun teils ältere Polsterklassewagen. Während sich die Holzklasse-Einheits-Durchgangswagen auf Hauptbahnen nicht bewährten, weil einerseits der umständliche Fahrgastwechsel über die Endbünen zu Verspätungen führte und die Fahgäste die zugigen, lärmenden Wagen mit ihren zu kleinen Fenstern nicht mochten. Tests mit Bi-29 Wagen als Ersatz für Polsterklasse-Abteilwagen in den Vorortzügen verliefen hingegen positiv. Fortan führten die Abteilwagenzüge in Zugmitte meist 2 Bi-29 als Polsterklasse mit, was allerdings ein recht unharmonisches Zugbild ergab.

Dennoch ergaben sich zeitweilig Überbestände an Bi-29 Wagen und so wurden 1937 - 41 191 Exemplare zu BCi umgebaut. Die Verteilung nach dem Krieg kennen wir nicht. Bei der DB erhielten in den 1950er Jahren manche Wagen eine reine 3. Kl. Einrichtung analog den Umbauwagen. Wie viele so umgebaut wurden ist uns nicht bekannt. Mit Umstellung der Abteilwagenzüge auf Umbau-Dreiachser waren dort auch die Bi-29 überzählig. Über ihre weitere Verwendung ist uns nichts bekannt. Die letzten schieden bei der DB um 1968 aus.

Unser Wagen aus einem Baulos von 95 Wagen der Linke-Hofmann-Busch Werke wurde 1929 an die Reichsbahndirektion Altona mit der Nummer 36521 geliefert, die nach dem 1930er Nummernplan der 27081 wich. Er wurde in Kiel beheimatet. Zuständiges Ausbesserungswerk war Neumünster, später Wittenberge. Da auf seiner Wagenkarte noch die Umklassifizierung von Bi in Ai eingetragen wurde, muss angenommen werden, dass er 1956 noch seine Original-Einrichtung besaß. Wenig später erhielt er die 3. Kl. Umbauwagen-Einrichtung mit kunstledergepolsterten Stahlrohrbänken. Um 1968, als die letzten Wagen bei der Bundesbahn ausschieden, kam er als rot/weißer Beiwagen VB 9 zur Kleinbahn Niebüll -Dagebüll und erhielt für die neue Verwendung eine Webasto-Heizung.

Von dort wurde er 1978 an Hersfelder Eisenbahnfreunde abgegeben und im ehemaligen Bw Rothenburgsort abgestellt. Bei der dort 1981 notwendigen Räumung wurde er vom VVM übernommen und kam nach Aumühle. Dort wurde er bis Herbst 1992 weitgehend im Ursprungszustand wiederhergestellt und lief dann in den Schönberger Museumszügen. Seit einigen Jahren ist er mit Fristablauf abgestellt. Soweit erkennbar, wären im Verlauf einer neuen Hauptuntersuchung auch umfangreichere Reparaturen am Wagenkasten erforderlich, weshalb diese bislang nicht begonnen werden konnte.
Museale Bedeutung
Mit seiner großen Anzahl wurde der Bi-29 der Standard-Polsterklassewagen des Reichsbahn Nahverkehrs und verdrängte manch andere Bauart vorzeitig. Die Bedeutung der nach dem Krieg bei der DB verbliebenen Wagen nahm dann aber schnell ab und bei einer Aufarbeitung der in über 20 Jahren abgewirtschafteten Fahrzeuge erfolgte dann der Ersatz der Polsterklasse durch die gerade aktuelle 3. Kl. Ausstattung aus dem Umbauwagenprogramm für die Restnutzungsdauer der Wagen. In seinem Ursprungszustand ist der Wagen ein insbesondere für die 1930er Jahre aber auch bis in die 1950er hinein prägnantes Fahrzeug.
Weitere Bilder
Bild nicht anzeigbar Am 5. Mai 1985 haben erste Aktivitäten zur recht aufwändigen Restaurierung des Bi-29 in Aumühle begonnen. Die linke Tür ist ein besser erhaltenes Exemplar aus einen ausgedienten Bahndienstwagen, die rechte hat noch den ausgeblichenen rot-weißen Anstrich der Kleinbahn Niebüll - Dagebüll. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Am 21.11.1992 steht der fertig aufgearbeitete 27081 in Aumühle zur Überführung nach Schönberg bereit. Die oberen Sprossen der nachgefertigten Aufstiegsleitern wurden aus Sicherheitsgründen - spielende Kinder - weggelassen. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Um 2004 entstand dieser Blick in das Endabteil des 27081. Die Polsterbänke wurden alle Anfang der 1980er Jahre in Bochum-Dahlhausen aus dort zur Verschrottung abgestellten Wagen geborgen. Nur wenige hatten überhaupt noch die gut gepolsterten Reichsbahn-Bänke, dazu zählten die Stuttgarter Steuerwagen ES65, aus denen fast alle unsere Bänke stammen. Foto: © H. Elsner.

Bild nicht anzeigbar Ein Blick ins Abteil B vom 25.2.2004. Die Gepäcknetze sind komplette Neufertigungen, aus Kostengründen haben wir Aluminium-Nachgüsse der Stützen verwendet. Die Tapete hat ein im Handel gefundenes, der DRG-Ausführung lediglich ähnliches Muster, aus Kostengründen musste auf eine Nachfertigung verzichtet werden. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Die Sperrholzdecke gehört zu dem wenigen, was im Wagen noch original erhalten war, die Lampen wurden aber aus anderen Wagen geborgen. Die Lüftungsrosetten waren ebenfalls noch vorhanden. Viel Mühe kosteten alle Naturholzteile, wie das Leistenwerk und insbesondere die Türen, wenn nicht fehlend und daher nachzufertigen waren zumindest die Farbanstriche sorgsam zu entfernen, bis wieder Klarlack aufgetragen werden konnte. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Der damaligen bildlichen Notbrems-Inventur verdanken wir dieses Bild ebenfalls vom 25.2.2004. Die hohlen Abdeckleisten der Notbremsleitung waren nicht mehr vorhanden und wurden neu angefertigt. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Welche Bremsklotzbauart hat eigentlich unser Bi-29? Derartige Detailfragen tauchen immer mal wieder auf und da ist es hilfreich, wenn man nicht erst hinfahren muss, sondern auch Detailbilder auf dem Rechner hat. So wurde dann der 25.2.2004 auch gleich für solche genutzt. Ja, er hat heute nicht mehr vorrätige einteilige Bremsklötze mit Zielscher Feder zum Geradehalten. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Schnell noch ein Bild von der Kunze-Knorr Bremse und vom Abort-Fallrohr. Der 2. Abort ist zwar wieder als Raum vorhanden, aber ohne jede Ausstattung. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Das andere Laufwerk mit dem noch recht schweren Generator. Erst mit dem Austauschbau ab 1928 bekamen Neufahrzeuge die Einheits Dynamobeleuchtung, die neben dem Generator auch pflegeaufwändige Batterien erforderte. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Der Bi-29 am 18.5.2005 am Schönberger Strand. Hier ist gegenüber Aumühle die andere Wagenseite die „Sichtseite”. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Und nochmals am 17.9.2005. Foto: © W. Greiffenberger.