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Preußischer Nebenbahnwagen 4.Kl. Stettin 2842


Bild nicht anzeigbar Am 13.4.2003 befindet sich der Wagen in Aumühle noch im Übernahmezustand. Foto: © W. Greiffenberger.
Technische Daten
WagennummerStettin 2842 / Stettin 50111 / 96648 Stettin / 1259 Drm
TypD3ipr17 (Mbl. B.i.17, 3. Aufl.)
HerstellerVan der Zypen & Charlier, Köln-Deutz
Baujahr/Fabriknummer1919 / 133041
Frühere BahngesellschaftPStEV / DRG / NSB
Länge über Puffer12800 mm
Drehzapfen-/ Achsstand7000 mm
Raddurchmesser1000 mm
Masse20300 kg
BremseKkpbr, Spindel-Hbr.
Höchstgeschwindigkeit90 km/h
Beleuchtungelektrisch, urspr. Gaslicht
Rahmengenietete Stahlprofile, Langträger NP 235, nicht tragender Wagenkasten
Heizungurspr. Dampf
Plätze 1/2/3/4.Kl./Steh-/-/-/?/?
Fahrzeuggeschichte
Bedingt durch die Flächenerschließung benötigten die meisten Nebenbahnen viel Platz für Traglasten, denn die Landbevölkerung transportierte die Einkäufe aus der nächsten Stadt oder landwirtschaftliche Produkte zum dortigen Markt oft mit dem Zug. Deshalb waren auf den preußischen Nebenbahnen Wagen der 4. Kl. weit verbreitet, die nur wenige spartanische Bretterbänke an den Wänden, aber viel Ablageplatz auf dem Boden hatten. Während Hauptbahn-Reisezugwagen bereits ab 1890 fast nur noch als dreiachsige Abteilwagen ausgeführt wurden, blieb es bei den Nebenbahnwagen noch lange überwiegend bei Zweiachsern. Nach den Hauptbahnwagen wurden um 1905 auch für Nebenbahnen neue Bauarten mit der neuen höheren Oberlicht-Dachform eingeführt, nun meist ebenfalls dreiachsig.

Trotz der zahlreichen Nebenbahnen machten deren Endbühnenwagen nur etwa ein Fünftel des Personenwagenbestandes der Staatsbahn aus, aber deren Züge waren auch kürzer und fuhren seltener als die Hauptbahnen. Typisch für die Nebenbahnwagen war, dass die Wagen der 4. Kl. auf Anforderung des Militärs offene Endbühnen mit umklappbarem Bühnengeländer sowie zweiflügelige Eingangstüren hatten, um sie im Kriegsfall als Lazarettwagen nutzen zu können und auch mit Tragen hineinzukommen. Dies ist auch bei unserem Wagen so. Die 3. Kl. hatte geschlossene Endbühnen, um die Fahrgäste vor Wind und Wetter zu schützen, die 2. Kl. wieder offene Bühnen, da abgeschlossene Abteile mit Seitengang Wind und Wetter fernhielten. Der Polsterklasse-Bedarf der Nebenbahnen war aber gering, so gab es keine reinen Polsterklassewagen, sondern nur gemischtklassige 2./3. Kl. und etliche Züge führten nur die 3. und 4. Wagenklasse. Da nach 1905 der Neubau von Nebenbahnen nachließ, erreichten die neueren Bauarten mit höherem Dach nicht mehr ganz die Stückzahlen ihrer Vorgänger.

Der Stettin 2842 wurde vom Mitarbeitern des Wilhelmsburger Eisenbahnmuseums 1987 im norwegischen Drammen westlich von Oslo entdeckt. Mit einigen Schwierigkeiten gelang 1988 der Ankauf und die Überführung ins Wilhelmsburger Museum. Nachdem auf dem Langträger die Reichsbahn-Wagennummer 96648 Stettin freigelegt werden konnte, ließ sich die Wagengeschichte an Hand noch vorhandener Unterlagen klären. Geliefert 1919 als Stettin 2842, war die erste Reichsbahn-Nummer Stettin 50111 und der Nummernplan 1930 brachte dann die 96648. Für 1925-36 ist der Heimatbahnhof Kolberg in der RBD Stettin überliefert.

Der 2. Weltkrieg verschlug den Wagen nach Norwegen. Da mit diesem Land nach dem Krieg keine Fahrzeugrückführungen vereinbart wurden, blieb er dort, man fand aber keine rechte Verwendung für ihn. Die Anschrift „Ombygt som Undervisningsvogn Trondheim 8/11-1947, Arvid Mosleth” besagt, was dann geschah. Als Unterrichtswagen erhielt er die Gattungsbezeichnung Xu und die Wagennummer 1259 Drm. Er wurde mittels Isolierung den Witterungsverhätnissen angepasst und die preußischen Messingfenster mit Lüftungsrahmen wichen hölzernen Doppelfenstern. Welchen Zweck ein unter dem Wagen angebrachter großer Luftbehälter erfüllte, ist nicht bekannt.

In Wilhelmsburg erfolgten nur kleinere Unterhaltungsarbeiten und nach dem Lokschuppenbrand am 15.10.1994, den er schadlos überstand, keine mehr. Mit Auflösung des Museumsbestands in Wilhelmsburg kam er zusammen mit anderen Fahrzeugen am 17.9.2001 als Leihgabe des Hamburg-Museums zum VVM nach Aumühle.

In Aumühle zog die Modellstraßenbahn in den Wagen ein. Eindringende Feuchtigkeit zwang bald zum Überkleben des Dachs mit einer Lage Schweißbahn, wobei die unhistorischen Flettner-Lüfter entfielen. Sorgen bereiten die Seitenwände, denn selbst mit langen Schrauben finden die Bleche kaum noch Halt. Mit einiger Mühe gelang dann 2014 nochmals ihre Ausrichtung und die Abdichtung der Fugen sowie Ersatz des fehlenden äußeren Doppelfensters am vormaligen Abort. Mit neuer Farbe und seit einiger Zeit unter dem Dach über Gleis 15 übersteht er nun hoffentlich ein paar Jahre. Für eine wünschenswerte museale Aufarbeitung fehlt es leider an Mitarbeitern, die es können, wollen und auch mit Ausdauer machen.
Museale Bedeutung
Während die Kleinbahnwagen im VVM-Bestand schon etwas überrepräsentiert sind, ist bei den staatlichen Nebenbahnwagen das Gegenteil der Fall, zumal die dort besonders wichtige 4. Kl. vorher gar nicht vertreten war. Damit wäre der Wagen ein wichtiger Vertreter der pr. Nebenbahnwagen, wenn er nicht durch die Umbauten innen wie außen eine deutlich verfremdete Ansicht böte. Zusammen mit BC3i Bromberg 1184 und dem Pwpostipr97 könnte er nach Überwindung des Restaurierungs-Staus ein ansehnliches Nebenbahn-Ensemble bilden.
Weitere Bilder
Bild nicht anzeigbar Am 18.9.2004 ist zwar das Dach wieder dicht, aber die Abdeckleisten der Blechstöße lösen sich zunehmend und das ganz rechte Blech ist bereits sichtbar abgesackt. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Eine Schnellkur mit Korrosionsschutzöl hat zum 20.4.2009 zwar die Ansicht etwas aufgefrischt, aber es ist mehr Arbeit erforderlich. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Am 27.6.2014 ist eine erneuerte Tropfkante unter den oberen Blechen eingefügt und die unteren Bleche sind neu ausgerichtet und befestigt. Auch die Abdeckleisten der Blechstöße sind in Arbeit und das Dach über dem Gleis sollte erneuten Verfall deutlich verlangsamen. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Am 27.1.2016 ist die provisorische Überarbeitung des Wagens bis auf noch kleine farbliche Restarbeiten abgeschlossen. Leider sind die Innenseiten der Doppelverglasung ohne umfangreiche Demontagen nicht zugänglich und so auch nicht putzbar. Foto: © W. Greiffenberger.