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Vorortbahn 1638a/b
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1638 als Ersatzteilspender und Lagerraum ist meist in den hintersten Ecken des Museumsgeländes versteckt und kaum mal recht fotografierbar. Am 8. April 2008 musste er bei Rangierarbeiten kurz auf Gleis 15 verweilen, so dass ein Blick auf die von der Sonne strapazierte "Südseite" möglich war. Um 1990 erforderte sein Zustand Erhaltungsmaßnahmen, die das Abdichten und einen Neuanstrich beinhalteten, inzwischen aber von der Witterung weitgehend wieder vernichtet wurden. Foto: © W. Greiffenberger.
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Technische Daten
Fahrzeugnummer | 690a/b / 1638a/b / ET 99 045a/b / ? |
Hersteller/Typ | EVA Waggonfabrik Wismar / Mbl El 321 - Bauart 1927 |
Baujahr/Fabriknummer | 1927 / ? |
Länge über Puffer | 29940 mm |
Achsfolge | Bo'2'2' |
Drehzapfen-//Achsstand | 11430/11760//2600/3500/2600 mm |
Raddurchmesser | 1000 mm |
Masse | 66300 kg |
Leistung | 2 x 150 kW |
Motor | Wasseg |
Bremse | Kpbr 16"/14", Spindel-Hbr. |
Höchstgeschwindigkeit | 60 km/h |
Beleuchtung | Glühlampen - Reihe |
Rahmen | genietete Stahlprofile, mittragender Wagenkasten |
Heizung | elektrisch Frischstrom |
Plätze 1/2/3/4.Kl./Steh | -/34/71/-/? |
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Fahrzeuggeschichte
Noch als 690a/b geliefert, wurde nach dem endgültigen Nummernplan von 1932 die Nummer 1638a/b angebracht. Für die weitere geschichtliche Entwicklung verweisen wir auf die Darstellungen zum Schwesterfahrzeug 1624a/b, die ähnlich verlief. Auch der 1638 erhielt die vorgesehene DB-Nummer ET 99 045a/b nicht mehr. Er wurde 1974 am südlichen Stadtrand von Münster(Westf.) entdeckt, wo er als Bahnhofswagen noch dem örtlichen Eisenbahner-Sportverein als Umkleide- und Aufenthaltsraum diente. Er fiel besonders dadurch auf, dass beim Umbau zum Wohnschlafwagen der Abbau der entbehrlichen Teile nicht so gründlich wie beim 1624 erfolgt war, so waren z. B. noch nahezu alle Griffstangen außen vorhanden, was ihn als Ersatzteilspender für den 1624 besonders interessant machte. Auch waren die Zahnräder der Treibradsätze noch vorhanden und das Laufdrehgestell des Steuerwagens besaß noch die originalen Rollenlager-Radsätze, die beim 1624b aus unbekannten Gründen zu unbekanntem Zeitpunkt auf Verbandsbauart-Gleitlager umgebaut worden waren - möglicherweise aus Ersatzteilmangel im 2. Weltkrieg. Statt einer Ausschlachtaktion gelang eine günstige Übernahme. Nach Ausräumen aller Teile der Bauzugzeit und Überarbeitung der korrosionsanfälligen Fensterbereiche dient er als Lagerraum und Ersatzteilspender, so hat er fast alle Griffstangen an den 1624 abgegeben. Der abweichende Hersteller bereitet jedoch teils Probleme bei der Nutzung der Ersatzteile, weisen diese doch oftmals leicht abweichende Maße auf, die dem Auge kaum auffallen, eine Verwendbarkeit aber manchmal verhindern. Auch wenn eine dauerhafte Erhaltung dieses Zuges beim VVM nicht vorgesehen ist, bringen Vergleiche zwischen 1624 und 1638 immer wieder Erkenntnisse zu anders nicht dokumentierten Details, wie z. B. der Verkabelung unter dem Wagenboden, wovon beim 1638 noch mehr Reste verblieben sind. Auch ungelöste Rätsel verbleiben, so sind z. B. die Wiegenfedern des Jakobsdrehgestells beim 1624 anders angeordnet als beim 1638.
Museale Bedeutung
Mit Erhaltung des weitgehend baugleichen 1624 kommt dem 1638 wenig museale Bedeutung zu, diese beschränkt sich auf die Verwendung als Ersatzteilspender und die Nutzung von Erkenntnissen durch im Detail etwas kompletter erhaltene Reste der ursprünglichen Ausrüstung.
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Weitere Bilder
Im November 2008 wurden in Aumühle alle Fahrzeuge von Gleis 11 auf das wieder neu errichtete Gleis 10 umgesetzt, das anschließend zu sanieren und etwas weiter nördlich neu zu verlegen war. Den zu geringen Gleisabstand sollte dieses Bild dokumentieren, so dass eher zufällig die "Nordseite" des 1638 ins Bild geriet, wo Algen, Moos und Feuchtigkeit ähnlich erfolgreich zerstörerisch agieren, wie die Sonne auf der anderen Fahrzeugseite. Foto: © W. Greiffenberger.
Kurz nach Ankauf des 1624 wurde aus dem vorbeifahrenden Zug dieser Bauzugwagen im Süden Münsters entdeckt, etwa dort, wo sich die Strecken nach Dortmund und Recklinghausen trennen. Bei nächster Gelegenheit wurde dann ein Aufenthalt in Münster eingeplant, um dieses Fahrzeug näher zu besichtigen, das interessanterweise noch fast alle - beim 1624 fehlenden - Griffstangen besaß. Foto: © W. Greiffenberger.
Auch die andere Seite des später als 1638 identifizierten Doppelwagens besaß noch den vollen Bestand an Griffstangen und Türfedern, so dass zeitweilig überlegt wurde, dieses Fahrzeug statt des 1624 als Museumsfahrzeug vorzusehen. Foto: © W. Greiffenberger.
1981 zeigte auch der Zustand des 1638 Handlungsbedarf: Auch hier waren es besonders die verschlossenen Fenster, die Sorgen bereiteten. So wurde auch 1638 gründlich "entkernt" und von allen Bauzug-Zutaten befreit. Nach ersten Demontagen von Kabeln usw. entstand die Idee, wenigstens ein Foto vom Bauzugzustand im Inneren zu machen, was hier nun zu sehen ist. Zwar konnten alle Türfenster aus den aus anderen Fahrzeugen gewonnenen Ersatzbeständen ergänzt werden, bei den Bankfenstern wurden jedoch die maroden Wassernasen entfernt und die vorgesetzten Bleche kleiner geschnitten und anstelle von Scheiben mit Bitumenspachtel eingesetzt. Schwarz abgesetzt fällt es kaum auf, dass es Bleche und keine Fensterscheiben sind. Auch nach 30 Jahren ist noch kein besonderer Handlungsbedarf erkennbar, was dem von der DB angewandten Verfahren der Fenster-Zusetzung kein besonders gutes Zeugnis ausstellt. Foto: © W. Greiffenberger.
Abschließend noch Bilder von anderen Ersatzteilspendern. Nachdem gleich 3 S-Bahn Einheiten zu spät im Güterbahnhof Hamburg-Wandsbek entdeckt wurden, als sie gerade Richtung Süden abrollten, dauerte ihre Weiterverfolgung leider so lange, dass sie bereits in Saarbrücken verschrottet waren, als ihr Fahrtweg erkundet war... Pech! Mehr Erfolg gab es bei 2 Einheiten im Stuttgarter Hauptgüterbahnhof, die dann zur Verschrottung ins rund 1000 km von Hamburg entfernte Friedrichshafen überführt wurden. Das Bild zeigt die beiden Einheiten der Bauarten 1923 und 1927 bevor wir sie im Mai 1976 zur Ersatzteilgewinnung heimsuchten. Foto: © W. Greiffenberger.
Die wohl letzte Ausschlachtgelegenheit war diese etliche Jahre am alten Harburger Bahnhof stehende Einheit der Bauart 1927, die sich im Mai 1983 noch in recht gutem Zustand nun im Harburger Rangierbahnhof präsentierte. Neben allen Türfenstern und Beschlägen spendete sie auch ihre Handbremse. Leider blieb in allen bekannten Fällen stets die Handbremse der Triebwagenseite erhalten, während die teils andere Abmessungen aufweisende der Steuerwagenseite beim Umbau zum Bauzugwagen entfiel. So muss die abgebaute Bremse leider für die Verwendung am Steuerwagen entsprechend umgebaut werden. Foto: © W. Greiffenberger.
Das Bild der anderen Fahrzeugseite brachte erst bei längerer Betrachtung die Vermutung, dass diese Einheit der ehemalige 1636 sein müsste. Blechdach, Lüfteranzahl und Bauart des Jakobsgestells lassen sehr sicher die Bauart 1927 vermuten. Dieses Bild zeigt die gegenüber allen anderen Bauarten etwas tiefer sitzenden Rangierergriffe des Triebwagenteils, wie sie nur von den 10 Görlitzer Doppelwagen der Bauart 1927 bekannt sind. Beim vorhergehenden Bild der Steuerwagenseite sind diese Griffe jedoch in normaler Höhe zu sehen. Ausserdem sind schwach die senkrechten Abdeckleisten der Blechstöße über den Türen erkennbar, die bei den Görlitzer Wagen wegen Verschweißung nicht vorhanden waren. Offenbar ist hier ein Görlitzer Triebwagen mit einem Wismarer Steuerwagen zu sehen. Aus den überlieferten Fahrzeugunterlagen ist erkennbar, dass nach Kriegsschäden 1943 der Triebwagen des Wismarer 1636 durch den Görlitzer Triebwagen 1625a ersetzt wurde, die einzige bekannte Kombination von Wismarer und Görlitzer Wagen der gleichen Bauserie. Foto: © W. Greiffenberger.
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