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Kleinbahn-Beiwagen 56


Bild nicht anzeigbar Am kühlen 17. November 1972 hat Wagen 56 gerade über die Straße den Bahnhof Friedrichsruh erreicht. Das für den Transport abgenommene obere Dach ist wieder aufgesetzt. Foto: © W. Greiffenberger.
Technische Daten
Wagennummer56 / 51
Typ-
HerstellerWaggonfabrik Busch, Hamburg-Eimsbüttel
Baujahr/Fabriknummer1906 / ?
Früherer EinsatzortHamburg, Holstein
Länge 9600 mm
Breite 2100 mm
Radstand3000 mm
Spurweite1435 mm
Masse4150 kg
BremseSolenoid / Handbremse
KupplungBolzenkupplung
Beleuchtungel. Glühlampen
HeizungFrisch- /Bremsstrom
Sitz- / Stehplätzeu22+o24 / 16
Fahrzeuggeschichte
Zur Geschichte der Kleinbahn Altrahlstedt - Volksdorf, ihres Fahrzeugparks und auch dieses Wagens bieten wir weitere Informationen auf der Fahrzeugseite des Kleinbahn-Triebwagen 3 und in unserer Rubrik Nahverkehrsmuseum Kleinbahnhof Wohldorf an.

Auf der am 29.9.1904 eröffneten elektrischen Kleinbahn Altrahlstedt - Volksdorf setzte schon bald Sonntags ein reger Ausflugsverkehr ein, der mit den anfangs nur 2 vorhandenen Triebwagen kaum bewältigt werden konnte. Zudem trafen die Fahrgäste Richtung Walddörfer in Rahlstedt mit den Zügen der Lübeck-Büchener Eisenbahn in großer Zahl gleichzeitig ein, so dass eine Fahrplanverdichtung kaum Abhilfe hätte schaffen können. Es mussten erheblich mehr Fahrzeuge beschafft werden.

Bis 1907 trafen 4 weitere Triebwagen, eine Lokomotive und 10 Beiwagen ein, die durch ihre doppelstöckige Ausführung eine hohe Zahl an Sitzplätzen boten und durch das offene Oberdeck dafür nur wenig zusätzliches Eigengewicht benötigten. Auch trugen sie dem bei gutem Wetter höheren Fahrgastaufkommen Rechnung, wo die Fahrt auf dem Oberdeck viel angenehmer war als im geschlossenen Unterdeck. Mit ihrem geringen Leergewicht von nur 4150 kg bei 62 zugelassenen Fahrgästen erreichten sie nur 67 kg Eigengewicht pro Fahrgast! Ein Wert, von dem Konstrukteure moderner Leichtbaufahrzeuge nicht einmal zu träumen wagen...

Leider ist zur Technik von Bahn und Fahrzeugen nur wenig greifbar. Möglicherweise besaßen die Beiwagen anfangs weder Beleuchtung noch Heizung oder nur aufhängbare Petroleumlampen. Zumindest gibt es Bilder, auf denen keine Lampen im Oberdeck erkennbar sind, auch fehlte eine der später 3 elektrischen Kuppeldosen und die Anzahl der el. Sicherungen auf der Plattform war geringer. Interessanterweise gab es eine el. Klingelanlage, mit der die Schaffner dem Fahrer die Abfahrbereitschaft mitteilen konnten. Ob diese Anlage anfangs schon vorhanden war und wie sie bei lediglich verfügbarer Fahrleitungsspannung 600 V elektrisch geschaltet war, bedarf noch der Erforschung, aber die Verkabelung ist bei den erhaltenen Fahrzeugen teils unvollständig. Die Wagen hatten aber auch seilbetätigte Plattformglocken.

Obwohl die Triebwagen mit 2x 24 kW nicht üppig motorisiert waren, ist bildlich belegt, dass sie mit bis zu 3 Beiwagen unterwegs waren. Das geringe Gewicht der Beiwagen, weitgehend eben verlaufende Gleise und die geringe erlaubte Höchstgeschwindigkeit von nur 20 km/h ermöglichten dies. Auch wäre es bei höherer Geschwindigkeit auf den offenen Oberdecks ungemütlich geworden.

Bauartgleiche Wagen hat es in Karlsruhe für die Strecke nach Durlach gegeben, wohin 1919/20 auch 2 Wohldorfer Wagen verkauft wurden. Als 1934 nur noch die Reststrecke Ohlstedt - Wohldorf verblieben war, konnte auf die Oberdecks der 3 verbliebenen Beiwagen verzichtet werden und sie wurden Anfang 1935 abgebaut. Unser Wagen kam nach dem Umbau am 22.4.1935 wieder in Betrieb und brachte nun nur noch 3600 kg auf die Waage. Er trug nun die Nummer 51 seines verschrotteten Artgenossen gleicher Nummer und wurde an das grün-gelbe Farbschema der U-Bahn angepasst.

Bereits zum 1.7.1924 war die Betriebsführung des Personenverkehrs an die Hamburger Hochbahn A. G. übergegangen. Obwohl mit Aufgabe des Güterverkehrs eigentlich nur noch ein straßenbahnähnlicher Personenverkehr verblieben war, gehörte die Kleinbahn nie dem Bereich Straßenbahn der HHA an, sondern war der U-Bahn zugeordnet. Das mag darin begründet sein, dass die U-Bahn auch lange nach dem Regelwerk für Kleinbahnen betrieben wurde, wie die Wohldorfer Bahn bis zum Schluss - sie war somit immer eine Eisenbahn, auch wenn sie in ihren letzten Jahren als "Walddörfer-Straßenbahn" bezeichnet wurde. Auch tariflich gehörte sie zur U-Bahn, die Zwischenhalte Kupferredder und Tannenalle zählten aber nicht als Haltestellen mit.

Nachdem bis Ende 1950 die 3 V2-Straßenbahnwagen nach Wohldorf gekommen waren, verblieben von den Originalwagen nur noch Triebwagen 5 und Beiwagen 50 und 51 als Reserve. Für Wagen 51 ist der 27.9.1953 als letzer Einsatztag überliefert. Mit Rückbau der Gleisanlagen in Ohlstedt, für die kein genauer Termin vorliegt, entfiel dort die Umlaufmöglichkeit. Ein Beiwagenbetrieb hätte nun 2 Triebwagen erfordert, hat aber wohl nie mehr stattgefunden.

Da in der Wagenhalle genügend Platz war, blieben die beiden Beiwagen dort erst mal, wurden dann aber am 14.12.1957 an den Schrotthändler Emil Tietje verkauft. Die Ausmusterung soll bereits 1955 erfolgt sein. Als Kleinbahnfreund P. H. Lehne davon erfuhr, kaufte er am 19.12.1957 dem Schrotthändler den Wagen 51 für 350 DM wieder ab, ein für den Händler gutes Geschäft. Der Wagen durfte erst mal in der Wagenhalle verbleiben und konnte dort auch restauriert werden.

Nachdem Herr Lehne am 10.11.1958 eine Genehmigung für das Aufstellen des Wagens auf seinem Grundstück Alsterblick 9 erreicht hatte und dort vom 23. bis 29.10.1958 ein kurzes Gleisstück verlegt war, erreichte der Wagen mit Hilfe der HHA am 30.9.1959 seinen neuen Standort. Überliefert ist der Ablauf des Transports: Am Bahnübergang der Haltestelle Tannenallee wurde der Wagen mit Winden angehoben, die Achsen durch spurkranzlose Räder ersetzt und der Wagen so als Straßenfahrzeug von einem HHA-Lkw zum Alsterblick 9 geschleppt, auf das Grundstück geschoben und wieder mit seinen Radsätzen versehen. Die Zeiten von Autokran und Tieflader jeder Größe waren noch nicht angebrochen...

Noch in der Fahrzeughalle hatte er die Bänke auf den Dach zurückerhalten. 1960 folgte das Oberdach und 1965 die Treppenaufgänge. Einmal monatlich gab es öffentliche Besuchszeiten für den Wagen. Die Freiaufstellung erwies sich aber als zunehmend problematisch. So kam man überein, den Wagen 1972 in den kurz zuvor vom VVM übernommenen Lokschuppen Aumühle zu bringen.

Nun per Autokran und Tieflader mit abgenommenem Oberdach erreichte er am 17.11.1972 Friedrichsruh, wo er im Güterbahnhof wieder auf die Gleise gesetzt wurde und das Oberdach wieder auf den Wagen gestellt wurde. Mit einem SKL der Bahnmeisterei wurde er am 19.11.1972 nach Aumühle überführt, was unerwartete Probleme bereitete: Das deutlich aus dem Eisenbahnprofil ragende Oberdach passte auf dem direkten Weg nicht unter der damaligen Bogenbrücke durch! Bei einem Umweg über das heute nicht mehr existente Gleis 5 ging es dann so gerade eben.

Auch bei der Einfahrt in den Lokschuppen schrammte das Oberdach am Torbogen - ein Grund, warum er nur noch einmal an das Ende von Gleis 15 umrangiert wurde und dann den Lokschuppen bis heute nie wieder verlassen hat. Anfangs ungeklärte Eigentumsverhältnisse und festgestellte Korrosionsschäden, aber auch starke Feuchtigkeitsschäden an tragenden Teilen des Wagenkastens führten zum Abbruch angefangener Arbeiten, die so nicht sinnvoll fortführbar waren. Ohne weitgehende behutsame Zerlegung ist eine dauerhafte Sanierung kaum denkbar. So wurden 1998 nur Anstrichausbesserungen ausgeführt einige Teile wieder montiert und die Beleuchtung mittels der reich verzierten Lampen mit einer Fremdeinspeisung wieder in Betrieb genommen und der Wagen innerlich und auch das Oberdeck für Besucher zugänglich gemacht. Seit dem 20. April 2009 hat sich Triebwagen 3 zu ihm gesellt.
Museale Bedeutung
Doppelstockwagen haben in Hamburg eine lange Tradition. Erstmals fuhren soche Wagen - allerdings mit geschlossenem Oberdeck - bereits im 19. Jh. zwischen Altona und Blankenese. In modernster Ausführung erregten 1936 die eleganten Gelenk-Doppeldecker der Lübeck-Büchener Eisenbahn großes Aufsehen, die Hamburg bis zu ihrem Ende in den 1980er Jahren treu blieben. Auch die DB-Probewagen der 1950er waren zeitweilig von Hamburg aus im Einsatz, u.a. nach Westerland (Sylt). Die Görlitzer Waggonfabrik entwickelte auf Grundlage der LBE-Wagen zunächst Gliederzüge, dann auch Einzelwagen, die in den Ostblockstaaten weite Verbreitung fanden, während die Doppelstock-Idee von der Deutschen Bundesbahn nicht weiterverfolgt wurde.

Als kurz nach der politischen Wende die Görlitzer Fabrik einen optimierten Einzelwagen vorstellte, wurde diese Bauart zum großen Erfolg nicht nur in Deutschland, sondern auch bei ausländischen Bahnen. So ist Wagen 56 nicht nur typischer Repräsentant der Kleinbahn, sondern einer der Urahnen moderner Doppelstockwagen und damit von hoher historischer Bedeutung.
Weitere Bilder
Bild nicht anzeigbar Im April 1973 wurde Wagen 56 noch einmal umgestellt. Seitdem steht er im Lokschuppen am Ende von Gleis 15. Weil das Oberdach am Torbogen schrammt, kam er nie wieder ins Freie. Das erklärt auch, warum es kaum gute Bilder des Wagens gibt. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar
So wie hier im Januar 2001 steht Wagen 56 schon lange im Aumühler Lokschuppen. Da inzwischen Triebwagen 3 direkt vor ihm steht, ist das Fotografieren noch schwieriger geworden. Foto: © H. Ebeling.