|
Kleinbahn-Triebwagen 3
|
Am 4. April 2009 ist Triebwagen 3 über die Straße in Aumühle angekommen und wird nun vom Tieflader per Autokran entladen. Foto: © W. Greiffenberger.
|
Technische Daten
Wagennummer | 3 / 5 / K5 |
Typ | - |
Hersteller | Waggonfabrik Busch, Hamburg-Eimsbüttel |
Baujahr/Fabriknummer | 1905 / ? |
Früherer Einsatzort | Hamburg, Holstein |
Länge | 9300 mm |
Breite | 2100 mm |
Radstand | 2500 mm |
Spurweite | 1435 mm |
Masse | 13500 kg |
Motor | ? |
Leistung | 2 x 24 kW |
Fahrschalter | ? |
Bremse | el. Widerstandsbremse, Kurbel-Klotz-Handbremse |
Kupplung | Bolzenkupplung |
Beleuchtung | el. Glühlampen |
Heizung | el. Frischstrom |
Sitz- / Stehplätze | 20 / 12 |
|
Fahrzeuggeschichte
Bedeutung und Geschichte der Kleinbahn
Die Bewohner der Hamburger "Walddörfer" klagten oft über die schlechte Anbindung an die Stadt. Eine geforderte Straßenbahnlinie lehnte die "Strassen-Eisenbahn Gesellschaft" jedoch ab. Die kürzeste Verbindung war die Anbindung Volksdorfs an den Bahnhof Altrahlstedt, wofür der Firma Körting, die Rahlstedt mit Strom versorgte, bereits 1899 eine Konzession erteilt wurde, Einvernehmen mit Preußen konnte jedoch erst 1903 erzielt werden.
Die am 29.9.1904 eröffnete "Elektrische Kleinbahn Altrahlstedt - Volksdorf", am Himmelfahrtstag 9.5.1907 bis Wohldorf verlängert, diente sowohl dem Güterverkehr in die Hamburger Exklaven Farmsen, Volksdorf und Wohldorf, wo Güterbahnhöfe entstanden, als auch zum Anschluss dieser Gebiete an die Hansestadt, was aber einen Umweg durch das preußische Wandsbek mit der privaten Lübeck - Büchener Eisenbahn erforderte. Vor allem an Sonntagen war das Erholungsbedürfnis der Städter groß, so dass die Kleinbahn lange Ausflüglerzüge in die Wälder Volksdorfs und Wohldorfs fahren musste.
1912 beauftragte die Stadtregierung die Hamburger Hochbahn A.G. mit Bau und Betrieb der Walddörferbahn auf Rechnung der Stadt, da die HHA diese absehbar unwirtschaftliche Bahn nicht auf eigene Rechnung bauen wollte. Von Barmbeck aus sollte diese soweit möglich innerhalb der Exklaven verlaufen. Es war eine rein politische Bahn, um die Zugehörigkeit der Hamburger Exklaven zu Hamburg gegenüber Preußen zu demonstrieren. Kriegs- und Inflationsbedingt erfolgte die Inbetriebnahme nach einem Vorlaufbetrieb mit Dampflokomotiven in Etappen: 6.9.1920 eingleisig bis Volksdorf, 5.11.1921 eingleisig Großhansdorf, 20.5.1923 zweigleisig nach Volksdorf, 1.2.1925 eingleisig Ohlstedt, ab 10.5.1927 zweigleisig.
Mit dem kommenden zweigleisigen Betrieb der Walddöferbahn bis Volksdorf und verdichteter Zugfolge stellte die Kleinbahn am 15.4.1923 den Personenverkehr zwischen Rahlstedt und Volksdorf ein. am 1.7.1924 übernahm die HHA die Betriebsführung des Personenverkehrs der Kleinbahn. Mit Eröffnung des Abschnitts der Walddörferbahn nach Ohlstedt am 1.2.1925 gab es Personenverkehr nur noch zwischen Ohlstedt und Wohldorf. Bei Kapazitätsmangel der Hochbahn soll die Kleinbahn aber noch bis 1931 gelegentlich Verstärker im Ausflugsverkehr bis Volksdorf gefahren haben. Die beginnende Konkurrenz durch LKW führte zur Einstellung des Güterverkehrs zum 1. Mai 1934, womit alle Anlagen außer dem Reststück durch den Wohldorfer Wald entbehrlich und alsbald abgebaut wurden. Dieser Restbetrieb endete am 29.1.1961.
Entwicklung des Fahrzeugparks der Kleinbahn
Zur Eröffnung standen nur die Triebwagen 1 und 2 zur Verfügung, denen 1905/6 Nr. 3 sowie die Beiwagen 50 - 55 folgten. Die erste von Siemens 1904 gebaute zweiachsige Lok soll erst 1906 zur Kleinbahn gekommen sein, so dass offenbar anfangs kein Güterverkehr erfolgte. 1905 kam der Post-/Packwagen 30. 1906/07 folgten je 2 Beiwagen 56,57 und 58,59 und 1907 die Triebwagen 4 - 6 mit größerem Achsstand. Weitere 3 Loks Nr. 26 -28 von Bergmann sollen erst 1913/14 gekommen sein. Ferner gab es einige Bahndienstfahrzeuge. Alle Beiwagen waren doppelstöckig und besaßen ein offenes Oberdeck.
Damit war der Höhepunkt erreicht. Schon 1917 wurden Tw 1 und 2 nach Unna/Westfalen verkauft. 1919/20 gingen 2 Beiwagen nach Karlsruhe, welche Nummern es waren, ist unsicher. Lt. Karlsruher Unterlagen sollen es 55 und 56 gewesen sein, anschließend gab es aber die Wagennummern 58 und 59 nicht mehr.
1929 wurden die Loks 26 und 29 in Barmbek verschrottet, Lok 28 kam 1930 zur Ochsenzoller Güterbahn. Lok 27 ging 1934 als letzte in Barmbek in den Schrott. Im gleichen Jahr wurden die Triebwagen 4 und 6 umgebaut und 5 verschrottet, angeblich versehentlich - gemeint war wohl Einzelgänger 3, der daraufhin die Nummer 5 erhielt. Auch die Beiwagen 51 - 55 und 57 gingen den Weg alten Eisens, so dass Ende 1934 nur je 3 Trieb- und Beiwagen (4 - 6 und 50, 56, 58) für den Personenverkehr verblieben. PwPost 30 schied 1935 aus, auch die Bahndienstfahrzeuge wurden deutlich weniger.
Im April 1935 verloren die Beiwagen ihre Oberdecks und wurden als Nr. 50 - 52 zusammengefasst. Am 28.4.1947 kam dann V2-Straßenbahntriebwagen 3027 als Nr. 7 zur Kleinbahn. Im Oktober 1950 folgten 3015 (ex 3029) als K1 und 3022 als K2. Aus 7 wurde nun K3. Tw 4 und 6 und Bw 52 landeten im Schrott. Erneut wundersamerweise überlebte somit der ältere ehemalige Tw 3 aus dem Anfangsbestand. Ab 1954 nannte er sich K5, seine Beschriftung "5" blieb aber unverändert. Ende 1957 wurden die letzten beiden Beiwagen an einen Schrotthändler verkauft.
P. H. Lehne kaufte diesem die Nr. 51 (ex 56) wieder ab, stellte diesen in seinem Garten auf und restaurierte ihn mit Freunden. Im Frühjahr 1965 gingen K1, K5 und Lore 37 an das Museum für Hamburgische Geschichte über und wurden im Straßenbahn-Betriebshof Krohnskamp hinterstellt, alles andere bekam der Schrotthandel.
Geschichte des Triebwagens 3 / 5 / K5
Zur einer Nachbestellung zu den ersten beiden Wagen gehörend, stand Triebwagen 3 erst nach Betriebseröffnung zur Verfügung. Jeder Triebwagen konnte bis zu 3 Doppelstockbeiwagen mit sich führen. Für längere Züge im Ausflugsverkehr mussten die sonst im Güterverkehr genutzten Loks verwendet werden. Die Kupplungsdosen für Licht, Klingel und Bremse waren so angeordnet, dass die Wagen offenbar nicht gewendet werden durften, was auf dem Gleisnetz auch nicht möglich war. Wohl eher nicht geplant war, dass 1934 nicht er, sondern versehentlich Tw 5 verschrottet wurde, dessen Nummer er dann erhielt.
Was die Umbauten der Triebwagen 4 und 6 1934 bzw. 5 (ex 3) 1950 beinhalteten, ist bislang nicht bekannt. Irgendwann wurden die 2 auffällig stabil ausgeführten Lyrabügel gegen einen Scherenstromabnemer ausgetauscht. Ab 1950 wurde K5 normalerweise nicht mehr im Personenverkehr eingesetzt, es mussten schon 2 der V2-Wagen ausgefallen sein. Er diente aber noch als Bahndienstfahrzeug und trug im Winter einen Schneepflug. Etwa Mitte der 1950er Jahre wurde das Gleis in Ohlstedt bis hinter den Bahnübergang zurückgezogen, so dass nun nicht mehr die Bahn, sondern deren Fahrgäste den stark anschwellenden Straßenverkehr kreuzen mussten. Damit war auch kein Beiwagenbetrieb mehr möglich, da es keine Umlaufmöglichkeit mehr gab.
Am 3.2.1961 führte K5 noch eine letzte Sonderfahrt über die Strecke durch, die Mitfahrt war aber nur wenigen "Insidern" vergönnt. Mit dem Abriss der Anlagen in Wohldorf ging der Wagen an das Museum für Hamburgische Geschichte - heute "Hamburg-Museum" über, dessen Eigentum er weiterhin ist. Er wurde ab 2.7.1965 im Straßenbahn-Betriebshof Krohnskamp eingelagert. Bei Aufgabe des Betriebshofs brachte der VVM den Wagen zum Schönberger Strand. Dort begonnene Arbeiten kamen immer wieder ins Stocken, zum einen waren die Arbeitsbedingungen im Freien ungünstig, zum anderen fehlte es den Mitarbeitern teils an den erforderlichen Kenntnissen und Fertigkeiten z. B. beim Neueindecken des komplizierten Oberlichtdaches mit der darauf befindlichen Elektrik.
Am 14.6.1986 wurde er zur 725 Jahrfeier Duvenstedts dorthin zurückgebracht und provisorisch hergerichtet und nach der Ausstellung dort eingelagert. In den Jahren 1988 - 1990 wurden er federführend durch den Volksdorfer Antiquitätenhändler Kohmann und den Kleinbahnfreund P. H. Lehne aufgearbeitet und auf dem Privatgrundstück Kohmanns am Kattjahren in Volksdorf nahe dem ehemaligen Kleinbahnhof als Denkmal im Freien aufgestellt. Nach dem Tod der beiden Herren ging das Grundstück an einen anderen Eigentümer, der aber kein Interesse an dem Wagen hatte.
Mit diesen Herren fehlten auch dem 1972 neu gegründeten Kleinbahnverein Wohldorf wichtige Initiatoren. Als auch noch der Hauptsponsor des Vereins ausfiel, sah dieser keine Möglichkeiten, sich um das Fahrzeug zu kümmern, das im Freien zunehmend zu verfallen drohte. Noch bevor der Kleinbahnverein 2010 mit dem VVM fusionierte, holte der VVM in Absprache mit dem Hamburg-Museum den Wagen am 4.4.2009 in sein Eisenbahnmuseum Aumühle, wo er nach gründlicher Entmoosung nun zusammen mit seinem Doppelstock-Beiwagen 56 im Lokschuppen ausgestellt ist und endlich im Trockenen stehen darf.
|
Museale Bedeutung
Der Wagen ist während der ganzen Existenz der Kleinbahn dort in Betrieb gewesen und wurde bis auf den Anstrich und den Stromabnehmer in der ganzen Zeit kaum verändert und verkörpert damit die Wohldorfer Kleinbahn schlechthin. 3 Jahrzehnte hat die Kleinbahn die Entwicklung der Walddörfer gefördert, bis das auf die Walddörferbahn überging. Zusammen mit dem Beiwagen 56 ist er ein wichtiges geschichtliches Dokument für die Entwicklung der Walddörfer und hat einen Platz im Nahverkehrsmuseum verdient.
|
Weitere Bilder
Aus der frühen Zeit des Tw 3 ist uns kein Bild bekannt. Dieses Bild war einst als Postkarte erschienen und zeigt Triebwagen 6 mit Beiwagen 53 bei einer internen Abschiedsfahrt im Frühjahr 1934, als die Stilllegung fast der ganzen Kleinbahn unmittelbar bevorstand. Es entstand an der "Oberförsterei", wo das Gütergleis nach Oldenfelde abzweigte und die Strecke die Walddörferbahn unterquert. Foto: Sammlung MHG - Sammlung VVM.
Ältestes vorhandenes Bild des Triebwagens, der seit 1934 die Nr. 5 trug, ist dieses Bild der Wohldorfer Fahrzeughalle, wo er als Schneepflug vorbereitet ist. Bildautor und Aufnahmedatum sind unbekannt, vermuten kann man Ende der 1950er Jahre. Foto: Sammlung F. Matthaei.
Ein Blick in die schon weitgehend geräumte linke Halle des Betriebshofs Krohnskamp am 17.5.1977. In 5 Tagen wird die Straßenbahn hier Geschichte sein. Rechts sieht man den zum K5 gewordenen Triebwagen 3, noch im U-Bahn Farbschema der 1930er Jahre, dahinter K1 und daneben V7 3357, der Museumswagen werden sollte, dann aber duch 3361 ersetzt wurde. Die Tausch-Drehgestelle warten auf den paarweisen Abtransport mit dem Schlepptriebwagen zur Verschrottung nach Lokstedt. Als nächstes sind zwei der zum Schluss seltenen mit gummiringgefederten Rädern an der Reihe, das "Schlussignal", die rotweiße Fahne, ist schon angebracht. Links V7 3303 der ersten Serie, der trotz unfallbedingt eingedrückter Stirnfront der Verschrottung bislang entgangen ist. K5 und K1 werden in wenigen Tagen die Reise zur Freiaufstellung am Schönberger Strand antreten müssen. Foto: © W. Greiffenberger.
Wir schreiben den 24.9.1977 und Triebwagen 3 ist erst 4 Monate am Schönberger Strand, ist aber äußerlich bereits wieder als Wagen 3 in historischem Anstrich hergerichtet. Foto: © W. Greiffenberger.
17. Juni 1983: Neues Dachmaterial ist gekauft und ausgebreitet, es fehlen aber offenbar die Erfahrungen, es fachgerecht zu verlegen, ein im Freien und ohne Gerüst auch fast unmögliches Vorhaben. Foto: © W. Greiffenberger.
3 Jahre später, am 24.6.1986 mit noch immer unvollständiger Dacharbeit, wartet Wagen 3 auf das Abladen in Duvenstedt, wo er am 725-jährigen Jubiläum teilnehmen soll. Foto: © W. Greiffenberger.
Wieder sind 8 Jahre vergangen, am 28. Juli 1994 steht Wagen 3 nun ansehnlich hergerichtet am Kattjahren in Volksdorf auf einem Privatgrundstück. Leider hat der Rahmen nach dem Reinigen nur ganz außen einen Neuanstrich erhalten, der Rest blieb unkonserviert. Foto: © W. Greiffenberger.
Weitere 15 Jahre sind herum, als Wagen 3 am 4. April 2009 vermoost das Museumsgelände in Aumühle erreicht. für den Tieflader wurde extra der Gleisbereich aufgeschüttet. Foto: © W. Greiffenberger.
Gleich steht Wagen 3 wieder auf dem Gleis. Die Folgen der jahrelangen Freiaufstellung sind deutlich sichtbar. Foto: © W. Greiffenberger.
3 Tage weiter, am 7.4.2009, sind Moos und lose Farbe mit dem Hochdruckreiniger entfernt und die Witterungsschäden deutlich erkennbar. Nur unter Dach haben Museumsfahrzeuge eine dauerhafte Überlebenschance. Foto: © W. Greiffenberger.
Am 20. April 2009 hat Triebwagen 3 gerade seinen Platz im Aumühler Lokschuppen vor dem Beiwagen 56 eingenommen. Foto: © W. Greiffenberger.
|
|