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Triebwagen 3060
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Am 29. August 2009 führte eine Studienfahrt des VVM ins Dänische Straßenbahnmuseum. Dort kam auch unser Museumswagen 3060 zum Einsatz und ist hier in der nördlichen Wendeschleife der Museumsstrecke zu sehen. Foto: © W. Greiffenberger.
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Technische Daten
Wagennummer | 3060 / 7000 |
Typ | PCC |
Hersteller | La Brugeoise/ACEC, Belgien |
Baujahr/Fabriknummer | 1951 / ? |
Früherer Einsatzort | Hamburg, Kopenhagen, Brüssel |
Länge | 14130 mm |
Breite | 2200 mm |
Radstand | 6700 / 1905 mm |
Spurweite | 1435 mm |
Masse | 15200 kg |
Motor | 1432-K |
Leistung | 4 x 40 kW |
Fahrschalter | Beschleuniger XD 473 |
Bremse | el. Widerstand / Schienenbremsen / Solenoid-Trommelbremsen |
Kupplung | urspr. Bolzenkupplung Typ Hamburg, jetzt LKW-Kupplung Typ Rockinger |
Beleuchtung | Leuchtstoffröhren |
Heizung | Bremsstrom-Warmluft |
Sitz- / Stehplätze | 32 / 70 |
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Fahrzeuggeschichte
kurze Geschichte der PCC-Bauart
Um dem stärker werdenden Auto- und Busverkehr entgegenzutreten,
wurde in den USA Anfang der 1930er Jahre ein moderner Straßenbahnwagen
entwickelt. Hier wurde insbesondere Wert auf hohen Komfort für
die Fahrgäste, ein elegantes Aussehen und einfache Bedienung
durch den Fahrer gelegt. Nach der Entwicklergemeinschaft
"Electric Railways Presidents' Conference Committee" (ERPCC)
wurden Fahrzeuge dieses Typs als PCC-Wagen bekannt.
Obwohl es keinerlei Zwang zur Bestellung von PCC-Wagen gab, wurde dieser
Wagentyp doch in den 1930ern und 1940ern von fast allen amerikanischen
Straßenbahnbetrieben beschafft und eingesetzt. Etwa 5000 Wagen sollen gebaut worden sein, sie waren dort bis in die 1980er Jahre im Einsatz.
Nach dem zweiten Weltkrieg kam die PCC-Technologie auch nach Europa,
insbesondere die belgische Fabrik La Brugeoise in Brügge und das tschechische
Werk CKD-Tatra in Prag bauten nun PCCs in Lizenz, wobei die Gestaltung der Wagenkästen aber deutlich vom amerikanischen Vorbild abwich.
Die Tatra Typen T3D und T4D waren in der früheren DDR sehr stark verbreitet und Tatra belieferte auch zahlreiche weitere Städte Osteuropas. Das belgische Werk lieferte nicht nur ins eigene Land, sondern auch in die Niederlande und sogar nach Jugoslawien. Während die amerikanischen und belgischen Wagen meist als Solowagen konzipiert waren, Lieferte Tatra sie auch mit Zugsteuerung, wobei zwei Triebwagen dann auch noch mit einem Beiwagen behängt werden konnten. In Belgien entstand dagegen noch eine große Anzahl als Gelenkwagen.
In Westdeutschland beschaffte nur Hamburg einen einzigen Wagen des PCC-Prinzips, der sich insbesondere wegen seiner sehr beschränkten Einsatzmöglichkeiten nicht durchsetzen konnte.
Das PCC-Prinzip hatte dennoch Einflüsse auf das gesamte
Straßenbahnwesen in Westdeutschland: Fahrgastfluss
wurde bei fast allen deutschen Straßenbahnbetrieben nach dem
Krieg eingeführt, die Düwag-Wagen
erhielten geneigte Frontscheiben, fast alle Neubauwagen der 1950er Jahre
erhielten Falttüren anstelle der bis dahin allgemein üblichen Schiebetüren.
Nicht zuletzt erhielten die Hamburger U-Bahn-Wagen des Typs DT-2
eine Pedalsteuerung und die Hamburger Großraumwagen der Typen V6 und V7 sowie die Gelenkwagen VG
erhielten eine Gleichstrom-Leuchtstoffröhrenbeleuchtung.
Geschichte des Triebwagens 3060 / 7000
Im Dezember 1951 wurde der Wagen an die HHA abgeliefert und unter der Nummer 3060 noch vor dem V6-Probewagen eingereiht.
Er entstammte einer Lieferserie nach Brüssel und unterschied sich nur in Anstrich und Beschilderung von den Brüssler Wagen. Ab 1952 wurde er auf der Linie 8 zwischen Dehnhaide und Farmsen (heutige
Buslinie 171) eingesetzt, weil diese Strecke wenig Kurven aufwies.
Mit seinem großen Drehzapfenabstand hatte der Wagen in engen Linkskurven einen inneren Überhang,
der mit dem äußeren Überhang entgegenkommender
V5/V6/V7 zu kollidieren drohte. Als die Linie 8 durch die Innenstadt nach Altona
verlängert wurde, konnte der PCC nur noch im Berufsverkehr zwischen Dehnhaide und Farmsen als Verstärker genutzt werden.
Als Fremdkörper im Fahrzeupark und wegen der nun stark eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit entschloss sich die HHA zur Abgabe des Wagens. Auch führte das Antriebs-Konzept ohne Leerlaufmöglichkeit und ausschließliche Parallelschaltung der Motorgruppen zu sehr hohem Stromverbrauch. Selbst wenn die Kollosionsgefahr in Linksbögen gleisbautechnisch gelöst worden wäre, hätte der nicht mögliche Beiwagenbetrieb einer Serienbestellung entgegengestanden.
Nach einer dreiwöchigen Probezeit in Kopenhagen zum Vergleich mit einem Düwag-Gelenkwagen wurde der PCC 1958 nach Brüssel verkauft. Dort wurde er völlig seinen über 100 Artgenossen angepasst und mit der Nummer 7000 als erster der Serie eingereiht.
Als die Wagen Mitte der 1990er Jahre dort ausschieden, konnte er zurückgekauft werden.
Mit Unterstützung der Brüsseler Verkehrsbetriebe wurde
der Wagen noch in Brüssel äußerlich wieder in
den Hamburger Zustand zurück versetzt, während innerlich der belgische Zustand beibehalten wurde. Am 28. Januar 1995 absolvierte er zusammen mit weiteren Brüsseler Artgenossen eine Abschieds-Rundfahrt durch die belgische Hauptstadt. Von Frühjahr 1995 bis 1999 stand der 3060
dann für den Gelegenheitsverkehr am Schönberger Strand zu Verfügung.
Seit Sommer 1999 ist der Wagen an das dänische
Straßenbahnmuseum
Skjoldenæsholm verliehen und wird dort auch im Fahrgastverkehr eingesetzt.
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Museale Bedeutung
In Hamburg und ganz Westdeutschland war der Wagen ein Exot, im norddeutschen Schwerin waren aber auch Tatra-Wagen nach dem PCC-Prinzip heimisch und weltweit war die PCC-Bauart weit verbreitet. So ist der Wagen kein unbedingtes "muss" für das Museum, bietet aber eine gute Möglichkeit zu zeigen, dass man vieles auch anders machen kann und dass manche übernommene Idee in ihm ihren Ursprung hat.
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Weitere Bilder
Der PCC-Triebwagen in seinem Heimatbetriebshof Wendemuthstraße. Foto: Sammlung VVM.
Seitenansicht des originalen Drehgestells des PCC-Wagens. Man erkennt u.a. die starke Federung und
die Luftkanäle für die Zwangsbelüftung der Motoren.
Foto: Sammlung VVM.
Frontansicht des originalen Drehgestells des PCC-Wagens.
Foto: Sammlung VVM.
Egon Ihde erwischte den PCC am 7. September 1954 bereits mit einem Farbfilm in der Kamera. Er steht gerade an der Haltestelle Holzmühlenstraße stadtauswärts. Im Hintergrund rechts schwach erkennbar der Abzweig in die Holzmühlenstraße zur Linie 5 und zum heimatlichen Betriebshof Wendemuthstraße, dessen Weichen gerade nicht mehr im Bild sind. Foto: © E. Ihde, Sammlung VVM.
Bei der Abschiedsfahrt durch Brüssel am 28.1.1995 zeigt 3060 uns hier seine Rückseite. Wenn die Erinnerung nicht trügt, waren wir hier beim Depot 5. Foto: © W. Greiffenberger.
Bei der gleichen Fahrt war eine Seitenaufnahme von 3060 in der Endschleifenanlage Esplanade möglich. Foto: © W. Greiffenberger.
Ebenfalls bei der Abschiedsfahrt zeigt 3060 sich hier neben einem PCC-Gelenkwagen in der Schleife Berchem. Foto: © W. Greiffenberger.
Zum Abschluss wieder ein Bild aus Dänemark. 3060 vor den Hallen des Straßenbahnmuseums, als er dort noch neu war. Foto: © H. Ebeling.
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