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Beiwagen 1786
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Am 14. Oktober 2006 hat der Z2-Zug ausnahmsweise mal seinen Abstellplatz in der Fahrzeughalle verlassen. Unübersehbar sind die erheblichen Witterungsschäden, die 1786 in nur 7 Jahren Freiaufstellung erlitten hat. Das Aussehen des Dachrandes lässt nichts Gutes ahnen und deutet auf durch undichte Dachbespannung eingedrungene Feuchtigkeit hin. Foto: © H. Ebeling.
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Technische Daten
Wagennummer | 1079 / 1020 / 1786 |
Typ | A8 / Z2B / Z2Bu |
Hersteller | HAWA, Hannover-Linden |
Baujahr/Fabriknummer | 1926 / ? |
Früherer Einsatzort | Hamburg |
Länge | 9050 mm |
Breite | 2150 mm |
Radstand | 2200 mm |
Spurweite | 1435 mm |
Masse | 7300 kg |
Bremse | elektromagnetische Scheibenbremse / Schienenbremse / Klotz-Handbremse |
Kupplung | Bolzenkupplung Typ Hamburg |
Beleuchtung | el. Glühlampen |
Heizung | el. Frischstrom |
Sitz- / Stehplätze | 20 / 51 |
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Fahrzeuggeschichte
Nachdem die Inflationszeit überwunden war, konnte auch die HHA daran gehen,
den zum Teil überalterten Wagenpark der 1919/23 übernommenen
"Straßeneisenbahngesellschaft" SEG und "Hamburg-Altonaer Centralbahn" HAC zu modernisieren
und zu ersetzen. So waren die HAC-Wagen über 25 Jahre, die ätesten der SEG um die 30 Jahre alt.
Zudem waren noch immer rund 200 über 30 Jahre alte SEG-Pferdebahnwagen als Beiwagen in Betrieb.
Wohl weil die eigene Wagenbauanstalt Falkenried mit der Modernisierung von Altfahrzeugen und dem Neubau
von Triebwagen ausgelastet war, vergab man erstmals Neubauaufträge an Fremdfirmen.
Um 1924 kamen 150 A6-Beiwagen je zu einem Drittel von Falkenried, HAWA Hannover und Busch Bautzen. 1925 und 1926 folgten
jeweils 125 etwas längere A8-Beiwagen von verschiedenen Waggonfabriken.
Diese Wagen lehnten sich an die 1919 gelieferten A5-Wagen an, wurden aber erstmals 2150 mm breit ausgeführt.
Unser Wagen 1079 stammt aus einem Los von
20 Wagen, das die Hannoversche Waggonfabrik HAWA im Mai/Juni 1926 auslieferte, er wurde
am 15. Mai 1926 in Dienst gestellt.
Während manch andere Stadt sich abwartend verhielt und aufmerksam die bei der Deutschen Reichsbahn bereits 1924
abgeschlossene Umstellung der Beschaffung auf ausschließlich genietete Ganzstahl-Reisezugwagen beobachtete, hatte
Hamburg in den 1920er Jahren in großer Zahl im Prinzip bereits veraltete Wagen nach rund 20 - 30 Jahre altem Muster beschafft.
Mit dem V3 erschien der erste Stahlwagen gar erst 1935!
Konventionell bestand der Wagenkasten aus mit Blech verkleidetem Eichenholz, im Inneren fand
man zunächst hölzerne Längsbänke. Ein Oberlichtdach sorgte für
Belüftung und gute Lichtverhältnisse. Nachdem von Falkenried 1927 einige Beiwagen mit Quersitzen
ausgeliefert wurden, erhielt auch unser Wagen nachträglich Quersitze mit Plüschpolstereinlagen.
1941 wurden alle 2150 mm breiten Beiwagen A6 und A8 unter der Bezeichnung Z2B zusammengefasst.
Im 2. Weltkrieg gingen 77 A8-Wagen als Kriegsverluste verloren, von 343 überlebenden Z2B waren 306 einsatzfähig oder nach kleineren Reparaturen
wieder einsetzbar. 37 Wagen hatten größere Schäden. Ein geplanter Wiederaufbau als Z2BU nach V2U-Muster kam aus Materialmangel nur für 15 Wagen zu Stande. 6 Wagen wurden wegen zu großer Schäden verschrottet, die restlichen 16, dabei auch unser 1079, wurden 1949 in ihrer ursprünglichen Form wieder aufgebaut. Statt Plüsch erhielten die Sitzpolster allerdings einen Kunstleder-Überzug. Zweifel lässt die Vergabe der Wagennummern aufkommen. 1079 war für Z2B im Nummernplan 1947 nicht mehr vorgesehen, 1020 aber noch nicht. Erst Mitte der 1950er gab es einen Plan, der für wieder aufgebaute Kriegsschadwagen Z2B den Nummernbereich 1020 - 1039 vorsah.
Die meisten Z2B blieben bis zu ihrem Ausscheiden bis auf Anstrich und Wagennummer weitgehend unverändert im Einsatz.
Die ehemaligen A6-Wagen schieden bis Ende 1959 aus. Die am 1.1.1960 in Kraft tretenden erhöhten Sicherheitsanforderungen
machten für über diesen Zeitpunkt hinaus benötigte alte Zweiachser teure Umbauten erforderlich.
Hierzu wurde bereits 1956 von Falkenried ein Z2-Dreiwagen-Probezug modernisiert. Während die Triebwagen neue stählerne Plattformen bekamen,
blieben die Aufbauten der Beiwagen weitgehend unverändert.
Aufwändig war der Einbau der Schienenbremse, da hierzu die Untergurte der Fahrgestelle umgebaut werden mussten. Hinzu kamen Notbeleuchtung,
neue Rücklichter, Bremslicht und eine elektrische Summer-Signalanlage zur Zugabfertigung. Versorgt wurden diese Einrichtungen durch die Niederspannungsanlage des Triebwagens. Im Gegensatz zu den Triebwagen blieben die Beiwagen Zweirichtungsfahrzeuge, wovon aber kein Gebrauch mehr gemacht wurde.
1958 erfolgte der Serienumbau, 40 Wagen bei Graaff in Elze und 55 - so auch unser 1020 - bei Hansa-Waggon in Bremen,
mit den beiden Probewagen also 97 Beiwagen mit den neuen Nummern 1700-1796 und der Typenbezeichnung Z2Bu.
Da auch auf die letzten Z1 noch nicht ganz verzichtet werden konnte, entstanden 1959 - nur mit dem Unvermeidlichen modernisiert - 70 Z1u, für die Beiwagen benötigt wurden. Nochmals wurden dafür 71 ehemalige A8-Beiwagen bei Falkenried umgebaut. Auf die nicht zwingend vorgeschiebene elektrische Signalanlage
verzichtete man bei diesen Zügen aber. Alle nicht modernisierten A8 schieden bis Ende 1959 aus, aber auch die Z1u-Züge wurden bereits bis November 1961 durch Streckenstilllegungen entbehrlich.
Etwas länger, zuletzt aber nur noch als Zweiwagen-Züge im Berufsverkehr, hielten die letzten Z2u/Z2Bu bis März 1965 durch, womit die Zeit der alten Zweiachser abgelaufen war. Zwar waren bereits in der Zwischenkriegszeit wenige Museumsfahrzeuge hinterstellt worden, diese gingen aber teils im Krieg unter
oder wurden dann doch verschrottet. Die straßenbahnfeindliche Politik und der ebenso eingestellte HHA-Vorstand sahen keinerlei
Museumsfahrzeuge vor. Auch war das Museumsbahnprojekt Wohldorf gerade erst an der Politik gescheitert. So kauften die Hamburger Verkehrsamateure
den Z2u-Zug 2734 und 1786 als erste Museumsfahrzeuge des späteren VVM, um nicht alles restlos im Schrott landen zu lassen.
Zunächst noch in den Betriebshöfen geduldet und zu einigen Sonderfahrten eingesetzt, musste auch Beiwagen 1786 Hamburg 1975 verlassen und wurde vorübergehend in den stillgelegten Lok- und Wagenschuppen des Bahnhofs Wakendorf-Götzberg eingelagert.
Das genaue Überführungsdatum zum Schönberger Strand ist in den vorliegenden Unterlagen nicht dokumentiert, es dürfte 1978 gewesen sein. Dort konnte zwar die Museumseisenbahn verkehren, aber jegliche Infrastruktur für Werkstatt, geschützte Unterbringung und Straßenbahnbetrieb fehlte. Zudem war die finanzielle Situation durch den notwendigen Kauf der Bahnanlagen angespannt. Um dem im Freien kaum zu stoppenden Verfall der Fahrzeuge entgegenzuwirken, wurde 1985 eine Scheune in Krummbek gemietet und die meisten Trams, so auch 1786 dort eingelagert. Leider wurde dort immer wieder eingebrochen und die Fahrzeuge verwüstet.
Nach Bau der Straßenbahnanlage und der Fahrzeughalle konnte Wagen 1786 Ende April 1999 zum Strandbahnhof zurückkehren und in der Fahrzeughalle abgestellt werden.
Die Wiederherstellung von erheblich witterungs- und vandalismusgeschädigten Fahrzeugen ist aufwändig und mühsam, eine zumindest äußerliche Herrichtung konnte bislang noch nicht erfolgen.
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Museale Bedeutung
So wie 1786 sahen in Hamburg eigentlich alle Zweiachs-Beiwagen ab Mitte der 1920er Jahre aus, mit wenigen Ausnahmen in den 1950ern. Die Unterschiede der einzelnen Bauarten waren gering, am auffälligsten wohl noch die Rundverglasung der Plattformecken bei einigen Bauarten. Geringe Unterschiede in Länge und Breite der Wagenkästen, Plattformlängen, Fensterbreiten und Details der Fahrgestelle fielen allenfalls Fachkundigen auf. So repräsentiert 1786 das Erscheinungsbild von rund 900 Wagen, die lange das Stadtbild prägten und kaum verändert bis zu 40 Jahren in der Stadt unterwegs waren. Damit gehört 1786 sicherlich zu den museal wertvollsten Wagen des Museums. Welche Kompromisse man bei einer wünschenswerten Darstellung des Wagens im Zustand der 1930er Jahre machen muss oder will, wäre aus musealer Sicht sorgfältig zu prüfen.
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Weitere Bilder
Betriebsbilder des 1786 liegen uns nicht vor. So zeigen wir ein paar Fotos von den Sonderfahrten, die 1965 noch möglich waren. Zünftig mit Briefkasten ist er hier in der Schleife am ZOB zu sehen. Die 1922 eingeführte, 1943-1949 unterbrochene Briefbeförderung mit der Straßenbahn war bereits zum 1.4.1958 eingestellt worden. Foto: © W. Greiffenberger.
Anfang März 1965 sind Verkehrsamateure und ihr künftiger Z2-Museumszug in der Schleife ZOB zu sehen. Foto: © W. Greiffenberger.
Das Gleisdreieck in der Brambergstraße musste natürlich bis zum letzten Zentimeter abgefahren werden. Foto: © W. Greiffenberger.
Am 17. Juni 1983 am Schönberger Strand: Nicht nur gegen die Witterung, sondern auch gegen zerstörte Fensterscheiben musste gekämpft werden. Die Anzeichen eines feuchten Dachrandes wurden offenbar noch nicht erkannt. Foto: © W. Greiffenberger.
Inzwischen hat uns auch ein Betriebsbild des 1786 erreicht, das vorerst aber nur in einer 600px-Version gezeigt werden kann. Es zeigt den Wagen hinter einem V2-Triebwagen am Rathausmarkt auf der Linie 4 nach Niendorf am 3. März 1964. Foto: © K. Scheffer.
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