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Durchgangswagen 3. Kl. BGE 26


Bild nicht anzeigbar Wagen BGE 26 am 23.6.2012 im Bahnhof Schönberg (Holst). Foto: © W. Greiffenberger.
Technische Daten
Wagennummer26 / 0079 / 0323
TypCi
HerstellerAG für Fabrikation von Eisenbahnmaterial, Göörlitz
Baujahr/Fabriknummer1915 / ?
Frühere BahngesellschaftBGE / OHE
Länge über Puffer12500 mm
Drehzapfen-/ Achsstand6500 mm
Raddurchmesser1000 mm
Masse14000 kg
BremseKpbr (K1 8"+GPW), Spindel-Hbr., urspr. Saugluft
Höchstgeschwindigkeit80 km/h
BeleuchtungGlühlampen, Akku, Generator, urspr. Gaslicht?
Rahmengenietete Stahlprofile, Langträger NP 235, nicht tragender Wagenkasten
HeizungWebasto, urspr. Dampf
Plätze 1/2/3/4.Kl./Steh-/-/46/-/?
Fahrzeuggeschichte
Wagen 26 ist ein zweiachsiger Lenkachswagen 3. Klasse mit offenen Endbühnen und Übergängen. Er hat einen beblechten hölzernen Wagenkasten mit Tonnendach, Schiebetüren und 1 Abort, sowie Lattenbänke. Beschafft wurde der Wagen zusammen mit zahlreichen gleichen 1915 zur Bewätigung des kriegsbedingt sprunghaft wachsenden Verkehrsaufkommens, vorwiegend zu den Munitionsfabriken bei Düneberg und später auch Krümmel. Dementsprechend erhielten die Wagen ungewöhnlich große Plattformen und breite Schiebetüren statt der sonst üblichen Drehtüren. Ungewöhnlich auch die Endabteile mit nur Längssitzen. Anders als die schon lange auf die Druckluftbremse setzende Staatsbahn KPEV führte die BGE wie viele andere Kleinbahnen die billigere Saugluftbremse ein. Als die Staatsbahn in den 1920er Jahren die Druckluftbremse auch für Güterwagen einführte, die ja auch auf alle Kleinbahnen übergingen, kam auch die BGE um den Umbau ihrer Fahrzeuge nicht umhin.

Der starke Verkehrsrückgang nach dem Krieg wurde durch den Bau der Vierländer- und Marschbahn kompensiert, womit sich das Streckenennetz verdreifachte. Schon früh begann die BGE damit, sich selbst mit parallel geführten Bussen Konkurrenz zu machen. Dennoch brachte der 2. Weltkrieg für die BGE eine verstärkte Wiederholung des Geschehens aus Weltkrieg 1, allerdings war keine Zeit zum Bau neuer Wagen mehr, sondern es mussten zahlreiche Wagen von der Reichsbahn angemietet werden. Nach dem Krieg setzte ein beschleunigter Niedergang ein, zumal die BGE voll auf Busse setzte. Bis 1953 waren Vierländer- und Marschbahn stillgelegt und abgebaut und auch der Personenverkehr nach Geesthacht eingestellt worden, es folgten die Stillegung von Stellwerken und Schranken und der eingleisige Streckenrückbau. Der restliche Güterverkehr wurde an die AKN abgegeben und die BGE firmierte zum reinen Busbetrieb VHH um. Nahezu alle Betriebsmittel wurden in Verschrottungs- und Verkaufsaktionen entsorgt. Einige Personenwagen kamen noch zur AKN, wurden aber auch dort bald nicht mehr benötigt oder kamen gar nicht mehr in Betrieb. Den ständigen Klagen aus Geesthacht über den schlechten Anschluss an Hamburg begegnete man schließich mit einem Bahnneubau, nämlich der Autobahn. "Öffentlich" steht man freilich mehr denn je mit dem Bus im Stau.

Mehrere Fahrzeuge wurden von der OHE angekauft, so auch der 26, der dort unter der Nummer 0079 lief. Wie bei allen hölzernen Personenwagen führte die OHE auch am 0079 eine Modernisierung durch, wobei jedoch der sonst ziemlich konsequent durchgeführte Ersatz der Fallfenster mit ihren schadanfälligen Fensterschächten durch die typischen eckigen OHE-Übersetzfenster unterblieb. Wann der Wagen seine Alu-Fensterrahmen erhielt, ist aber unbekannt, ursprünglich dürfte er Holzrahmen gehabt haben. Leider baute die OHE auch den Innenraum um, wobei alle Zwischenwände entfielen und stattdessen mittig zur Stabilisierung von Dach und Wänden eine geschweißte Rohrverbindung eingebaut wurde. Auch die Bestuhlung wurde ersetzt, wobei die typischen BGE-Längssitze in den Endabteilen entfielen. Die neuen Lattenbänke mit Stahlrohrgestellen entsprechen etwa der anfangs in den Esslinger Triebwagen eingebauten Bestuhlung. Ab wann der Wagen elektrische Beleuchtung hatte, ist noch nicht erforscht. Zu ebenfalls unbekanntem Zeitpunkt erfolgte der Umbau zum Triebwagen-Anhänger, möglicherweise fiel er mit dem vorgenannten Umbau zusammen. Dabei wurde eine Warmluft-Eigenheizung (Webasto) eingebaut, von der Dampfheizung verblieb aber eine Durchgangsleitung. Zudem kamen fest angebrachte Schlussleuchten und ein roter Anstrich sowie die neue Wagennummer TA 0323 hinzu.

Die letzten 5 hölzernen Plattformwagen der OHE kamen nach Winsen, wo sie im Schülerverkehr verwendet wurden. Der TA 0328 kam 1972 zum VVM ( Ci 1082). Trotz offiziell bereits eingestelltem Reisezugverkehr gab es bis 1975 einen von einer Diesellok beförderten Schülerzug nach Salzhausen als eine Art "Busersatzverkehr". Nach dessen Ende kaufte der VVM dann am 10.11.1975 auch den TA 0323. Er kam nach Aumühle, wo die festen Schlusslichter entfernt und ein grüner Neuanstrich sowie die Rückumzeichnung zum BGE Ci 26 erfolgten. Er war von Anfang an bei den Schönberger Museumszügen dabei, musste nach einigen Jahren aber abgestellt werden, da eine gründliche Überarbeitung erforderlich wurde. Diese zog sich von 1983 bis 1990 unter schwierigen Arbeitsbedingungen am Strandbahnhof hin. Seitdem ist der Wagen wieder bis auf die für die regelmäßigen Hauptuntersuchungen erfoderlichen Pausen im Einsatz. Auch wenn der innere Zustand weitgehend der OHE-Modernisierung entspricht, repräsentiert er von außen weitgehend wieder die für Hamburg weit bedeutsamere BGE.

Weitere Fahrzeuge der BGE werden von der Arbeitsgemeinschaft Geesthachter Eisenbahn erhalten.
Museale Bedeutung
Mit dem 26 geht es nicht allein um Kleinbahngeschichte, sondern um zwei Weltkriege, in denen die BGE sehr kriegswichtige Bedeutung erlangte. Ohne den ersten Weltkrieg hätte es den Wagen nie gegeben und seine Konstruktion berücksichtigte einen reibungslosen Ein- und Ausstieg großer Fahrgastzahlen. So war der Wagen fest in die Kriegsmaschinerie der Machthaber in beiden Kriegen eingebunden.
Weitere Bilder
Bild nicht anzeigbar Im November 1970 ist TA 0323 bei der OHE noch nicht entbehrlich. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Nach dem Ankauf Ende 1975 hat der Wagen alsbald wieder die grüne Farbe erhalten und befindet sich am 23.6.1976 auf der Überführungsfahrt zur Eröffnung der Schönberger Museumsbahn bei einer Pause im Malente. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Zwei Jahre später, am 17.6.1978 gibt es eine weitere Überführung, nun zur Eröffnung der 3. Fahrsaison der Museumsbahn. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Auf den Tag 5 Jahre später, am 17.6.1983, ist die Aufarbeitung am Strandbahnhof bereits angelaufen und eine neue Dachhaut aufgebracht, die Befestigung der Kanten steht noch aus. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Nach einigen Jahren Stillstand geht es 1989 mit der Aufarbeitung zügig weiter, hier der Zustand am 28.4.1989. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Am 25.2.2004 bereits 14 Jahre wieder im Einsatz, hier ein Blick ins Innere. Es gibt dort einen provisorischen Verkaufsstand. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Am selben Tag eine Etage tiefer sind die Spuren der einstigen Saugluftbremse mit der typischen Umlenkwelle eindeutig. Um den richtigen Angriffspunkt am Hebel der Welle einzuhalten, musste der Druckluftzylinder mit Abstand zum Untergestell angebracht werden, was auch heute noch etwas provisorisch ausschaut, nun aber schon rund 90 Jahre seinen Dienst tut. Das (gelbe) G-P Wechselventil ist bei Kleinbahnen weniger verbreitet und wird hauptsächlich benötigt, wenn der Wagen in (langen) Güterzügen mitlaufen muss. Es bewirkt, dass die Bremswirkung zwar schnell schwach einsetzt, sich dann aber verlangsamt weiter erhöht, damit sich die Bremswirkung über den ganzen Zug möglichst gleichmäßig aufbaut und es nicht zum gefährlichen Auflaufen der hinteren Wagen kommt. Es kostet bei einem langen Zug deutlich Zeit, bis die Druckminderung in der Bremsleitung durch den Lokführer beim letzten Wagen ankommt, denn dazu müssen etliche Liter Luft durch die Leitung in Richtung Lok strömen. Zumindest zu den Kriegszeiten hat es sicherlich jede Menge lange Güterzüge auf der BGE gegeben. In (kurzen) Personenzügen ist diese Funktion weder erforderlich noch nützlich, da sie zu deutlich längeren Anhaltewegen führt. In der hier zu sehenden Stellung "P" (Personenzug) des gelben Hebels ist die Wirkung schlicht und einfach abgeschaltet. Zum Steuerventil K1 mit dem roten Hebel vielleicht irgenwann auf einer anderen Seite einige Informationen. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Was "Untendrunter" so ist, muss keineswegs langweilig sein, auch bei der Eisenbahn nicht, also noch ein weiterer Blick weit unter die "Gürtellinie" des 26. Zunächst sind die modernen Rollenlagerradsätze weg, sie wurden gegen die Verbandsbauart-Radsätze des O10-Fahrgestells 186 mit weit weniger abgefahrenem Profil getauscht. Richtig wären aber sicherlich A02 Achslager. Für Kleinbahnwagen eher ungewöhnlich sind die bei der KPEV üblichen Federböcke mit Wendekloben, die einerseits einen Höhenausgleich von 30 mm bei abgefahrenen Radsätzen durch um 180° gedrehten Einbau, aber auch Aufarbeitung der Federbolzenbohrung in der Werkstatt statt am Wagen erlauben. Interessant auch die "moderne" "Zielsche Feder" links zum Gewichtsausgleich der Bremsklötze und die alte nachstellbare Ausführung rechts mit Gewindestange und Feder, die Zielsche Feder ist wegen des hier tiefer angeordneten Bremsdreiecks auch nicht möglich. Genug "Eisenbahn-Latein"? Das geübte Auge findet noch manches mehr... Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Nun wieder leichtere Kost: Der 26 am 18.5.2005 am Strandbahnhof. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar ... und nochmal am 17.9.2005. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar und aus etwas anderem Winkel. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Bis auf wenige Sekunden wieder beim Anfangsbild vom 23.6.2012 zum Schluss noch ein Blick auf die selten abgelichtete Abortseite aus anderem Winkel. Foto: © W. Greiffenberger.