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Schnellzugwagen 3. Kl. C4üpr11 Halle 03328


Bild nicht anzeigbar Bei diesem Wagen fangen wir mal ganz am Anfang an. Im April 1971 waren preußische D-Zugwagen auch als Bahndienstwagen schon sehr selten. Und dann noch ein Exemplar mit allen Fenstern und Lüftungsaufsätzen! Lediglich die feste Scheibe ganz rechts ist durch ein Blech ersetzt oder auch nur grün übergestrichen. Der wäre vielleicht geeignet, diese Bauart zumindest äußerlich darzustellen. Schließlich wurden solche Wagen nicht selten in ihren letzten Jahren noch in Verstärkungsdiensten des Berufsverkehrs aufgebraucht oder liefen zuvor als Kurswagen auch mal in Regionalzügen mit - hatten also auch Verbindungen zum Museumsthema Nah- und Regionalverkehr. Hier steht der Bahnhofswagen Stuttgart 79099 - der ursprüngliche Halle 03328 - als Bürowagen im Bahnhof Metzingen. Foto: © W. Greiffenberger.
Technische Daten
WagennummerHalle 03328 / 17914 Stuttgart / Stuttgart 79099
TypC4üpr11 (Mbl. Ia6a)
HerstellerBeuchelt & Co, Grünberg/Schlesien
Baujahr/Fabriknummer1911
Frühere BahngesellschaftKPEV / DRG / DB
Länge über Puffer19775 mm
Drehzapfen-/ Achsstand13250 /2500 mm
Raddurchmesser1000 mm
Masse42510 kg
BremseKpbr, Spindel-Hbr.
Höchstgeschwindigkeit120 km/h
Beleuchtungurspr. Gaslicht
RahmenHolz-Stahl-Kombi mit Sprengwerk
Heizungurspr. Dampf
Plätze 1/2/3/4.Kl./Steh-/-/(68)/-/?
Fahrzeuggeschichte
Bereits am 1. Mai 1892 wurde zwischen Berlin und Köln die erste D-Zug Verbindung eingerichtet. Die vierachsigen Durchgangwagen mit meist Seitengang und geschlossenen Faltenbalg-Übergängen gaben dem D-Zug seinen Namen, die sonstigen Schnellzüge wurden noch lange aus Abteilwagen gebildet. Anfangs hatten die D-Züge nur die 1. und 2. Wagenklasse. Mit der weiteren Verbreitung der D-Züge kam teils auch die 3. Wagenklasse hinzu. Die 4. Wagenklasse gab es aber stets nur in den Zügen des Nahverkehrs.

Bis 1903 entstanden aber lediglich 383 D-Zugwagen in noch nicht genormten Kleinserien oder gar als Einzelgänger. Erst mit der Erstellung der Musterblätter der Ia-Serie begann die Produktion großer Zahlen einheitlicher D-Zugwagen, von denen bis 1922 insgesamt knapp 3800 gebaut wurden. Zahlenmäßig stärkste Gruppe waren die 1600 nach den überarbeiteten Ia-Zeichnungen von 1908 bis 1914 gebauten Wagen, unter denen die CCü nach Musterblatt Ia6a - der auch unser Wagen angehört - mit 632 Wagen die höchste Stückzahl erreichten und damit die meistgebauten pr. D-Zugwagen wurden. Weiter gab es rund 300 weitere reine 3. Kl. D-Zugwagen, die diesen Wagen recht ähnlich waren. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass die D-Züge stets das hochwertigste Angebot der KPEV darstellten und damit der Polsterklasse-Anteil unter den Wagen überdurchschnittlich hoch war und etwa die Hälfte ausmachte.

1911 wurde unser Wagen mit der Nummer 03328 in der Eisenbahndirektion Halle der preußischen Staatsbahn in Dienst gestellt. Während alle anderen Wagen direktionsbezogene Nummern hatten, die nur mit Nennung der Direktion eindeutig waren, wurden die Nummern der D-Zugwagen zentral in Berlin verwaltet. Gleiches galt für Postwagen. Diese Nummern waren innerhalb Preußens jeweils eindeutig, was durch eine vorangestellte Null vor der Wagennummer erkenntlich war.

Zur weiteren Geschichte unseres Wagens wissen wir nichts. Weder die Nummer nach dem Nummernplan 1925 noch der Zeitpunkt seiner Umbeheimatung nach Süddeutschland sind bekannt. Seinen DRG-Wagennummernbereich wollte die DB Mitte der 1950er neu vergeben und sah für die wenigen in diesem Bereich noch existierenden Wagen neue Nummern vor. Die vorgesehene Nummer 19465 wurde aber nicht mehr angeschrieben, da 1955 zuvor bereits die Ausmusterung erfolgte.

Nach Anfang der 1920er Jahre lediglich kleinen Serien eiserner D-Zugwagen mit sich verjüngenden Wagenenden, oft als Hecht-Wagen oder Spitzender bezeichnet, begann die Reichsbahn erst 1928, größere Serien eiserner D-Zugwagen aufzulegen, zunächst noch genietet, ab etwa 1933 dann in Schweißbauweise. Ab Ende der 1930er Jahre wurden die Wagen als „Schürzenwagen” dann windschnittig ausgeführt, wobei insbesondere die Türnischen entfielen und die Türen erstmals als Drehfalttüren ausgeführt wurden, damit sie auch geöffnet innerhalb der zulässigen Umgrenzungsprofile blieben. Alle diese modernen Wagen verdrängten die Preußen aus den höherwertigen Diensten und diese waren nun teils auch in Eilzügen oder gar im Nahverkehr anzutreffen.

Der Krieg unterbrach diese Entwicklung zwar, aber die DB in Westdeutschland begann schon 1951 die Beschaffung von nun 26,4 m langen Wagen zunächst in Eilzugausführung, der aber bald die klassische D-Zug Ausführung mit Seitengang folgte. Damit wurde in Westdeutschland das Ende der pr. D-Zugwagen eingeläutet, die nun zunehmend nur noch als Reserve- oder Verstärkungswagen zum Einsatz kamen und bis 1960 komplett verschwanden, noch bevor 1962 das Holzwagenverbot in Kraft trat.

Nur wenige fanden noch eine Nachnutzung als Bahndienstwagen, was auch daran lag, dass die Drehgestelle noch für das Umbauwagenprogramm geeignet waren, so dass aus zusammengeschweißten Fahrgestellen von Dreiachsern mit diesen Drehgestellen weitere vierachsige Umbauwagen entstanden. Die weitgehend hölzernen selbsttragenden Wagenkästen der D-Zugwagen wurden dann meist verbrannt und die ausgeglühten Eisenreste ein paar Tage später zerschnitten und eingesammelt.

Museale Bedeutung
Als Vetreter der meistgebauten D-Zug Wagenbauart der KPEV besitzt der Wagen schon ein Alleinstellungsmerkmal. Angesichts des hohen Polsterklasse-Anteils der gebauten Wagen wäre einer der rund 300 ABCCü zwar darstellerisch interessanter, aber davon ist kein noch existenter bekannt, wie überhaupt von den pr. D-Zugwagen bei deutschen Bahnmuseen und Museumsbahnen fast nichts erhalten ist, was die museale Bedeutung unseres Wagens stärkt.

Zwar trifft er als Fernverkehrswagen nicht ganz das VVM-Thema Nahverkehr, aber beim Regionalverkehr gab es ja durchaus auch die Verwendung in Eilzügen und ein Gnadenbrot als Verstärkungswagen im Berufsverkehr verdiente sich auch manch alter D-Zug Preuße, selbst die OHE hatte nach dem Krieg einen Artgenossen im Bestand, womit die Bauart sogar zu Kleinbahnehren kam.

Wenn auch von außen kaum sichtbar, sind die selbsttragenden hölzernen Wagenkästen der pr. D-Zugwagen auch konstruktiv interessant. Die außen mit dickem Blech beschlagenen hölzernen Langträger werden unten von einem Sprengwerk unterstützt und besitzen im Unterteil der Seitenwand zahlreiche eiserne schräge Zugbänder. Kein anderer Eisenbahnwagen der Sammlung besitzt eine vergleichbare Konstruktion.

Das aber ist auch ein Hauptproblem des Wagens, das Holz der Langträger ist stellenweise stark geschwächt, das gilt auch für die Hölzer unterhalb der Fenster. Der Wagen ist deshalb auch nur mit großer Vorsicht und ganz langsam verfahrbar. Eine Sanierung ist aufwändig und erfordert ein behutsames Freilegen und Abstützen des Kastengerippes, damit die Langträger entlastet sind. Das Holz der Langträger wird vsl. nur mühsam stückweise erneuerbar sein, was dank moderner Konstruktionskleber aber nicht unlösbar erscheint. Die Eisenteile werden sicherlich weitere Probleme parat halten...
Weitere Bilder
Bild nicht anzeigbar Nachdem wir den Wagen inzwischen aus den Augen verloren hatten, wurde er am 2. Mai 1976 in Plochingen wieder gesichtet. Nun nutzten auch unsere Bundesbahner ihre Kontakte und hatten den Wagen auf diese Weise unter Beobachtung. Leider ist die Bremse nur in den Drehgestellen erhalten, alles, was unter den Wagenkasten gehört, fehlt. Die eigentlich als Ersatz vorgesehene Bremse des als Ersatzteilspender zerlegten Speisewagen 799 ging beim Großbrand des Wilhelmsburger Lokschuppens zusammen mit dem Speisewagen 798 verloren. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Am 25. Juli 1977 wurde es ernst, die Nutzung als Bürowagen stand vor dem Ende und der Wagen wurde nicht mehr benötigt. Deshalb nahmen wir noch eine Besichtigung in Plochigen vor, um uns dann für eine Übernahme zu entscheiden. Auf dieser Wagenseite sind sogar alle Fenster original vorhanden. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar 1978 kam der Wagen dann zum Schönberger Strand, wo er hier im Dezember 1982 zu sehen ist. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Bis zum 17. Juni 1983 hat sich absolut nichts geändert. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Die neue Nutzung als Verkaufswagen für Publikationen und sonstiges bahnbezogenes Verkaufsgut wie auch sich in den Fensterbereichen auftuende Wassereinläufe machten eine Abdichtung und Konservierung unumgänglich. Die am 24.7.1985 sichtbare rote Grundierung des Blechdachs wich aber ganz schnell dem silbernen Endanstrich. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Wie hier am 3.4.1994 zu sehen, ist ein knappes Jahrzehnt weiter bereits wieder neue Farbe notwendig. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Nun schreiben wir bereits den 25. Februar 2004 und machen ein paar Innenbilder. Warum hat diese linke Tür eigentlich einen kopfstehenden rechten Innendrücker? Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Im Wageninneren ist von den ehemaligen Abteilen nicht mehr viel übrig. In den beiden Großräumen ist sogar das Oberlicht mit Hartfaserplatte verschlossen. Aus einem abzubrechenden Wagenkasten gleicher Bauart in Witten an der Ruhr wurden aber vor Jahren alle Innenwände mitsamt den Abteiltüren geborgen, sodass ausreichend Material für die Wiederherstellung zumindest der Räumlichkeiten aller Abteile vorhanden ist. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Bemühungen, zumindest das eine Endabteil nach Ausbau des zerfrorenen Ofens der Warmwasserheizung aus der Büronutzung als ein Musterabteil herzurichten, kamen immer wieder durch dringendere Arbeiten ins Stocken. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Hier die Zwischen- und Gangwand des letzten Abteils. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Blick in den oberen Teil des Wagenendes mit dem noch vorhandenen Abortraum. Rätselhaft bleibt der Kasten über der Tür. Wie die Bauart der Kastentüren mit den ebenen Füllungen verrät, gehört er nicht zur ursprünglichen Ausrüstung des Wagens. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Noch ein Blick auf das innere Wagenende. Welchem Zweck mag die nachträgliche Nische am Rücksprung der Tür gedient haben? Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Der „Plochinger” - wie er auch immer noch genannt wird - als Heimat der „Fundgrube” - wie sich das Verkaufsangebot schon lange nennt - am 18. Mai 2005. Er trägt wieder den Anschriftenspiegel seiner letzen Einsatzzeit als Reisezugwagen, der unter neueren Farbschichten freigelegt und abgepaust werden konnte. Damit hat er derzeit auch seine langjährige Reichsbahnnummer 17914. Seine Ursprungsbezeichnung Halle 03328 würde zu seinem derzeitigen Zustand auch erst recht nicht passen. Foto: © W. Greiffenberger.

Bild nicht anzeigbar Am 20.7.2009 sonnt sich der Plochinger am Ende von Gleis 2 am Schönberger Strand. Eigentlich hätte er es verdient, einen witterungsgeschützten Standplatz zu bekommen, damit seine arg angegriffene Substanz nicht weiter verfällt. Es ist ja schon jetzt sehr, sehr wenig, was von den einst richtungweisenden pr. D-Zugwagen überhaupt noch existiert. Foto: © W. Greiffenberger.