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Bildbericht Studienfahrt Eberswalde - Strausberg - Woltersdorf
VVM-Studienfahrten sind in der Regel öffentlich, auch Sie können bei Interesse daran teilnehmen. Infos zu aktuellen Fahrten finden Sie unter
Termine.
Am 25. Oktober 2008 besuchten wir den O-Bus in Eberswalde, die Strausberger Eisenbahn und die Woltersdorfer Straßenbahn und fuhren mit historischen und modernen Fahrzeugen.
Einen Bericht von dieser Fahrt mit weiteren Bildern finden Sie in den Ende Dezember 2008 erscheinenden
Hamburger Nahverkehrsnachrichten, Ausgabe 4/2008.
Hier eine kleine Bildauswahl von dieser Fahrt.
Text und Fotos: © Rolf König.
Für eine Straßenbahn fehlen die Schienen, für einen Bus ist der Stromabnehmer zuviel… In nur noch drei Städten in Deutschland gibt es den „O-Bus”, das ist neben Esslingen und Solingen im Westen auch Eberswalde im Osten, wo wir dieses Mal zu Gast sind. Gemäß des „Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe” wurden O-Busse ab 1958 einheitlich vom tschechoslowakischen Hersteller „Skoda” beschafft. Zwischen 1962 und 1970 bezogen die 11 DDR- O-Bus Betriebe insgesamt 134 Wagen des Typs 9Tr. Eberswalde erhielt 15 neue und 7 gebrauchte Wagen dieses besonders robusten Typs. Der Wagen Nummer 19 gehört zu den Wagen, die mit einem Lowa Anhängerwagen (davon ist ein Exemplar in Aufarbeitung) gefahren werden konnten. Seit 1999, nach elfjähriger Überholung, steht dieser Wagen als rollende Zeitgeschichte wieder zur Verfügung.
An der Zwischenwendeschleife Boldtstraße gibt es keine Weiche für die zwei Fahrdrähte, und so müssen die Stangen von Hand umgespannt werden, wenn man hier wenden will. Wagen 488 wurde 1958 zusammen mit fünf Brüdern von der BVG (West) für die O-Bus Linien im Bereich Steglitz beschafft. Hersteller sind Gaubschat (Wagenkasten), Henschel (Achsen) und die AEG (Steuerung). Die seinerzeit hochmoderne selbstragende Stahl-Aluminium Karosserie steht dabei im krassen Widerspruch zur BVG typischen offenen Heckplattform. Letztere war wahrscheinlich der Grund, dass die BVG die Wagen nach Stilllegung der letzten Linie 1965 nicht mehr verkaufen konnte, und so wanderte 488 in den Fundus für ein zukünftiges Betriebsmuseum… Nach 32 Jahren kehrte er auf die Straße zurück, nach seiner Aufarbeitung steht er seit 1997 in Eberswalde als historischer Wagen im Einsatz. Die Schleife hätte der Wagen auch ohne Fahrleitung geschafft, mit einer 72V Batterie ist ein Notbetrieb bis zu 1,5 km möglich.
1947 (wegen des Krieges erst sechs Jahre nach der Bestellung) lieferte die Waggonfabrik Schumann 15 Dreiachs-Obusse auf Fahrgestellen O10000 von Daimler-Benz an die BVG. Die Wagen bewährten sich gut und viele blieben bis zur Einstellung 1965 im Einsatz. Genau wie der Wagen 488 wurde auch „1224” dann für museale Zwecke hinterstellt. Erst anlässlich der Festlichkeiten „150 Jahre öffentlicher Nahverkehr” 1997 wurde er wieder hervorgeholt, anschließend nach Eberswalde gebracht und hier betriebsfähig hergerichtet. Ab 2001 erfolgte dann eine grundhafte Instandsetzung, die im August 2008, wie man sieht erfolgreich, abgeschlossen wurde. Auf unserer Rundfahrt erreicht 1224 hier die Endhaltestelle Ostend, die O-Busse seit 1940 ansteuern. Allzu viel hat sich hier seither nicht verändert. Ein stimmungsvolles Bild das einen gute 50 Jahre zurückversetzt. Die historischen O-Busse in Eberswalde werden vom DVN (Denkmalpflege-Verein-Nahverkehr Berlin e.V.) betreut.
Kleines Extra: Unser nächstes Ziel, die „Strausberger Eisenbahn” hätte man auch direkt auf der Straße erreichen können. Aber Moment, die Fähre hängt am Stromkabel? Genau! Die Strausseefähre zu der unsere Gruppe hier gelotst wurde, ist etwas Besonderes: Deutschlands einzige Fähre, die mit einer 170V Fahrleitung versorgt wird, und das seit 1915! Die Rolle des Stromabnehmers wird dabei nachgezogen. Ca. 7 Minuten dauert die fast lautlose 350m lange Überfahrt von „Jenseits des Sees” zur „Stadt”. Seit 1894 existiert diese Fährverbindung, das aktuelle Schiff wurde 1967 in Dienst gestellt. Überraschung gelungen.
Die Strausberger Eisenbahn ist eigentlich genau das, was der Name sagt. 1891 als dampfbetriebene Kleinbahn eröffnet, verbindet die Bahn seit 1921 dann elektrisch die Stadt Strausberg mit dem Bahnhof in der Vorstadt. Bis 2005 gab es noch Güterverkehr, dann wurde die Verbindung an die große Eisenbahn und kurz darauf die teilweise eigenständige Gütertrasse aufgegeben. Der Personenverkehr wurde stets wie eine Straßenbahn behandelt. Zur Wende wurde der Betrieb ausschließlich mit aus Berlin übernommenen Reko-2x Tw und Bw (im „Sandwich”) abgewickelt, von denen heute noch einer als historischer Wagen buchbar ist. 1995 kam die Ablösung in Form von drei Triebwagen des Typs Tatra KT8D5 Baujahr 1990. Diese dreiteiligen Zweirichtungstriebwagen, die es in Deutschland kein zweites Mal gibt, wurden gebraucht aus Košice (Slowakei) übernommen. Während Tw 23 im Linieneinsatz steht und Tw 22 unsere Sonderfahrt absolviert, steht Tw 21 zur Wochenendruhe im Betriebshof.
Strausberg ist Heimat für die wohl ungewöhnlichsten Straßenbahnwagen in Deutschland. Da die KT8 für den Spätbetrieb überdimensioniert sind, man sich aber endlich von den unzeitgemäßen letzten Reko-Tw trennen wollte, konnte man 2003 dieses Einzelstück beschaffen. Tw 30 (Typ T6C5) wurde 1998 von CKD für New Orleans (USA) gefertigt und kam 2001 zurück nach Prag. Als besonderes Ausstattungsmerkmal besitzt der vierachsige Zweirichtungswagen an den mittleren Türen, nach den Vorschriften der USA, je einen Hublift für Rollstuhlfahrer, der zusammengeklappt zur Treppe wird. Hier biegt der Wagen gerade von unserer Fahrt zurück in den Betriebshof, der sich gleich hinter der Endstelle „Lustgarten” befindet. Bis 1970 führte die Strecke noch 900 m weiter ins Zentrum, nun ist die Linie 89 vom „Bahnhof” noch 6,2 km lang.
Wenn es schon keine Bahn gibt, sollte es wenigstens ein historischer Bus sein… Um von Eberswalde über Strausberg zu unserem nächsten Ziel Woltersdorf zu kommen, nutzten wir nicht nur einen modernen Reisebus, sondern auch diesen schönen Skoda 706 RTO von 1963, der bei der Barmier Busgesellschaft in Eberswalde gechartert werden kann. Wie man an den Verkehrszeichen im Hintergrund erkennt, haben wir gerade unser drittes Ziel, die Woltersdorfer Straßenbahn, erreicht und können uns von den Straßenfahrzeugen verabschieden.
Die kleine Woltersdorfer Straßenbahn bestreitet den Linienbetrieb ihrer 5,6 km langen Strecke ausschließlich mit modernisierten Gotha 2x Tw der Baujahre 1959 - 1961 (vergleichbares findet man in Deutschland nur noch in Bad Schandau) alleine das ist schon sehenswert. Dazu kommt ein äußerst bemerkenswerter historischer Wagenpark. Unter dem Motto „nicht kleckern” haben wir komplett auffahren lassen: Um möglichst schnell Ersatz für im zweiten Weltkrieg zerstörte Wagen zu bekommen entwickelte man den so genannten „Kriegsstraßenbahnwagen” (KSW). Ab 1943 erhielten erste Städte diese sehr einfach gebauten Wagen, der weit größere Teil wurde aber zwischen 1946 und 1950 - also erst nach dem Krieg - gebaut. Tw 7 ist KSW-Prototyp und wurde 1943 von der Düsseldorfer Waggonfabrik (Werk Uerdingen) nach Berlin geliefert, dort aber nur getestet und dann 1944 nach Woltersdorf abgegeben. Bereits seit 1979 ist Triebwagen Nr. 7 Museumswagen. Beiwagen 22 kam 1944 zur Strausberger Eisenbahn, die ihn Ende der sechziger Jahre nach Woltersdorf abgab. 1985 abgestellt, steht er nach Aufarbeitung seit 1996 wieder zur Verfügung. Der KSW Zug steht an der Endstelle S-Rahnsdorf bereit zum Einsteigen, dahinter lauert…
…Triebwagen 2 mit Beiwagen 24. Zur Eröffnung der seither praktisch unveränderten Bahn 1913 wurden vier Trieb- und sechs Beiwagen von O&K / AEG geliefert, die bis zur zweiten Hälfte der sechziger Jahre im Einsatz standen. Während der Tw 1967-1974 noch als Arbeitswagen diente, stellte man den Bw schon 1968 als zukünftigen historischen Wagen ab. 1987/88 wurde der Tw dann restauriert. Der Beiwagen musste dagegen bis 1991 warten, bevor man ihn anging, 1993 wurde auch er fertig. Der Triebwagen erhielt 1999-2003 seine zweite Aufarbeitung. Hier hat der wunderschöne Woltersdorfer Urzug schon die andere Endhaltestelle Schleuse erreicht. Da die Bahn über keine Schleifen verfügt, dürfen wir das für Beiwagenbetrieb typische Schauspiel des „Umlaufens” bewundern.
Im Jahre 2008 verweilte dieser Gast zur „Kur” in Woltersdorf. Triebwagen 2990 wurde 1910 für die große Berliner Straßenbahn von Herbrand gebaut und war mit mehreren Umbauten bis 1969 im Einsatz. 1981 erfolgte dann der Rückbau in den Ursprungszustand und eine Zeit lang der Einsatz als historischer Tw bis zur erneuten Abstellung. Fast heimlich wurde der Wagen 2006 zur erneuten Aufarbeitung nach Woltersdorf gebracht, diese entwickelte sich, besonders für den hölzernen Wagenkasten, nahezu zum Neubau. Pünktlich zum 95. Geburtstag der Bahn im Mai 2008 wurde „2990” fertig, und darf zum Dank einige Zeit hier bleiben. Der kleinen Woltersdorfer Werkstatt ist hier, in ehrenamtlicher Arbeit, ein absolutes Schmuckstück gelungen, zu dem man nur gratulieren kann! Tw 2990 ist ein vierachsiger „Maximumwagen” das heißt, jeweils ein großer Antriebsradsatz ist zusammen mit einem kleinen Spurführungsradsatz in einem Drehgestell gelagert, was den Wagen dieser Bauart besonders gute Laufeigenschaften beschert. Nur 1944 und 1973 dienten schon einmal vierachsige Berliner Maximumwagen als Gast bei der Woltersdorfer, die ja ansonsten bis heute nur kleine Zweiachser einsetzt. Vom S-Bahnhof Rahnsdorf ausgehend verläuft die Strecke 2 km gradlinig durch den „Berliner Stadtforst”. Mitten im Wald gibt es auf der eingleisigen Strecke eine Ausweiche ohne Haltestelle - Fotohalt! Wenige Meter weiter befindet sich die Stadtgrenze Berlins zum Land Brandenburg. - Berlin steht noch als Ziel für zukünftige Fahrten bereit.
Wenn auch Sie einmal bei einer VVM-Studienfahrt dabei sein möchten, schauen Sie in unsere
Terminliste mit den nächsten Sonderfahrten.
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