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Studienfahrt Krefeld am 26.10.2013
VVM-Studienfahrten sind in der Regel öffentlich, d. h. jeder, der Interesse daran hat,
kann gerne teilnehmen. Infos zu aktuellen Fahrten finden Sie unter
Termine.
Die VVM-Studienfahrt am 26. Oktober 2013 zeigte uns die Krefelder Straßenbahn.
Einen Reisebereicht finden Sie in den
Hamburger Nahverkehrsnachrichten
4/2013.
Text: © Rolf König und Walter Greiffenberger.
Schon die Anreise begann mit einem besonderen Erlebnis, da unser Organisator den privaten Anbieter HKX Hamburg-Köln Express mit deutlich günstigerem Fahrpreis gewählt hatte. Wie schon bei der Rückreise von unserer letzten NRW-Tour vor einem Jahr die Deutsche Bahn, hatte auch Konkurrent HKX den Wagen mit unseren reservierten Plätzen nicht dabei. So musste zunächst durch fast den ganzen Zug mit seinen älteren Wagen unterschiedlichster Herkunft gewandert werden, bis die meisten in einem ehemaligen Avmz der DB den 1. Klasse IC-Komfort der 1970er Jahre genießen durften. Erste Sorgenfalten gab es bereits in Harburg, da der Zug hier schon fast 10 Min. Verspätung hatte. Die Fahrt über die Bremer Güterumgehungsbahn erfolgte leider noch bei Dunkelheit. In Osnabrück war die Verspätung bereits halbiert. Ab Münster ging es dann über die bis zur Einführung des IC/ICE-Knotens Dortmund von den meisten Fernzügen benutzte Verbindung über Recklinghausen - Gelsenkirchen - Essen. Nur noch wenig verspätet wurde Duisburg erreicht. Durch die kürzere Fahrstrecke erreicht der HKX trotz der teils nur für 140 km/h zugelassen Wagen fast die gleiche Fahrzeit wie die IC/ICE der DB mit ihrem 200 km/h Material. Die Weiterfahrt erfolgte dann mit einem wegen seiner spartanischen Bestuhlung berüchtigten Triebzug BR 425 durch die sich stark wandelnde Industrielandschaft, besonders der Bereich Rheinhausen ist kaum mehr wiederzuerkennen. Vom großen Stahlwerk ist ebenso wenig mehr zu sehen wie vom einst bedeutenden Rangierbahnhof Hohenbudberg mit seinem Bahnbetriebswerk.
Während die meisten Teilnehmer bereits Richtung Tram entschwunden sind, zeigen wir noch schnell die historische Krefelder Bahnhofshalle mit "unserem" und einem weiteren 425-Triebzug. Foto: © W. Greiffenberger.
Während wir noch etwas auf unsere Sonderwagen warten müssen, macht der Sonnenstand es nicht ganz leicht, den Planverkehr im rechten Licht festzuhalten. Beim Abbiegen auf dem Vierschienengleis am Hbf. zeigt der Düsseldorfer Stadtbahnzug eindrucksvoll seine beachtliche Länge, mit der in sehr kurzer Zeit große Menschenmengen die Kreuzung passieren können. Am Nachmittag werden wir die Rückreise über Düsseldorf mit einem solchen Zug beginnen. Foto: © W. Greiffenberger.
Aus dem Ostwall - der Achse zwischen Rheinstraße und Hauptbahnhof, auf der alle vier Linien verkehren - biegt der historische Zug in die Haltestelle Hauptbahnhof ein. Tw 93 stammt tatsächlich aus der ersten Triebwagenserie von 46 Triebwagen die 1900/01 von Weyer in Düsseldorf gebaut wurden. Schon 1911 wurden einige dieser Fahrzeuge zu Beiwagen umgebaut, 17 in den zwanziger Jahren verkauft und im Zeiten Weltkrieg gingen 12 Fahrzeuge verloren. Neben einigen zu Arbeitswagen umgebauten Fahrzeugen hatte nur Tw 236, wie er seit 1920 hieß, überlebt. Ab 1949 dann als 247 wurde er 1954 ausgemustert und sollte verschrottet werden. Doch der damalige Betriebsleiter erkannte den historischen Wert und versteckte ihn in der hintersten Ecke des Betriebshofes Hüls. 1969 hatte dann seine Stunde geschlagen, zur anstehenden 600 Jahr Feier der Stadt (1973) konnte er hervorgeholt werden. 1970 umfassend restauriert und mit alten Nummer versehen ist der „Blaue Enzian” nun als historisches Fahrzeug unterwegs. Nicht alles ist original, so der Scherenstromabnehmer (ursprünglich Rolle wie in Hamburg) und auch der Wagenkasten ist einmal ausgetauscht worden. Schon zu „Lebzeiten” wurde die „Albertkupplung” eingeführt, eine Erfindung eines ehemaligen Betriebsdirektors. Infos zum Beiwagen folgen weiter unten.
Foto: © R. König.
Und schon sind wir in Uerdingen... Dieser 1927 mit Krefeld fusionierte Stadtteil am Rhein hat bis heute seine selbstständige Identität bis zum eigenen Dialekt bewahrt. Bahnfreunden ist der Ort hauptsächlich wegen seiner Waggonfabrik bekannt, „Uerdinger Schienenbusse” fuhren nicht nur in Westdeutschland, sondern auch in Österreich, Jugoslawien und Spanien. Weniger bekannt ist die Fertigung Hamburger DT1 aber auch von ICE-Wagen. Die Fabrik wurde später von der Düwag übernommen und wurde dann mit dieser in den Siemens-Konzern integriert. Fußballfreunden ist eher der größte Arbeitgeber als ehemaliger Sponsor des KFC, der einstmals als „Bayer 05 Uerdingen” in der Bundesliga spielte, bekannt.
Schon die erste Straßendampfbahnstrecke verband ab 1883 Krefeld mit Uerdingen, ab 1901 elektrisch. 1927 wurde mittels einer Blockschleife der Bahnhof anstelle des Marktplatzes erreicht und gleichzeitig eine Stecke direkt am Rhein entlang in den kleinen Nachbarstadtteil Hohenbudberg (bis1955) eingerichtet. Mit Beschaffung der M8C wurde 1981 die Blockschleife aufgeben und die heutige Stupfendhaltestelle entstand. Von 1902/1909 - 1958 kreuzte außerdem die Düsseldorfer Fernlinie M (zuerst C) Düsseldorf - Meerbusch - Moers die Stadt. Genug Geschichte, unser Fahrer versteckt sich nicht vor dem Fotografen, sondern zieht mit aller Kraft am Stromabnehmer, der für den fälligen Richtungswechsel des Fahrzeuges abgezogen werden muss.
Im Hintergrund rechts das Bahnhofsgebäude, das zwar restauriert wurde, aber nicht mehr als solches genutzt wird.
Foto: © R. König.
Das Innere des Oberlichtdachs des Triebwagens ist ein Extra-Foto wert. Foto: © W. Greiffenberger.
Im Sommerbeiwagen ungewöhnlich sind Mittelgang und Einstiegs-Plattformen und die Plexiglas-Rundumverglasung entspringt eher neueren Vorstellungen über Sicherheit und Schutz der Fahrgäste vor Regen. Zu der schon erwähnten 600 Jahr Feier sollte der Tw 93 einen Beiwagen bekommen. So entstand 1970 auf einem alten Fahrgestell eines Arbeitswagens von 1899 der freie Nachbau eines Sommer-Beiwagens.
Foto: © W. Greiffenberger.
Der Fahrer ist schon an das andere Wagenende umgezogen. Die Fahrschalter des Wagens entsprechen sicherlich nicht mehr der ursprünglichen Bauart und auch sonst gibt es einige heute unvermeidliche Zutaten, wie das rote Pedal für die Schienenbremse. Eine umsetzbare Front-Plexiglasscheibe mit Scheibenwischer schützt heutiges Fahrpersonal. Foto: © W. Greiffenberger.
Wer seinen Beiwagen liebt, der schiebt... Die zweigleisige Endstelle Bahnhof Uerdingen ist wie gesagt stumpf. Mit einem kurzen eingleisigen Stück benötigt man nur zwei Weichen dafür, bei Zweirichtungswagen kein Problem, aber für einen Beiwagenbetrieb besteht keine Umlaufmöglichkeit. Und so muss der 49 einmal von Hand umgesetzt werden, auch für das begleitende Personal vom Verein „Linie 1” ein Höhepunkt. In Bildmitte das, was vom Bahnhof übrig blieb: Ein abschreckender Beton-Tunnelmund.
Foto: © R. König.
Noch nicht gezeigt haben wir unser drittes Fahrzeug, Fahrschul- und Partywagen 626 (dazu später mehr). Ganz ohne Nahrungsaufnahmemöglichkeit geht so eine Tagestour nicht, allerdings auch ein zeitliches Problem - und was macht man, wenn man schon einen Partywagen nutzt? Richtig, man bestellt sich belegte Brötchen an Bord. An der Haltestelle Hauptbahnhof (westliche Seite) steht fast wie ein „Drive In” nun der Palettenwagen bereit zum Umladen der in Kürze restlos verputzten Fracht...
Foto: © R. König.
Ein Blick in das Innere des Party-/Fahrschulwagens. Sowohl die Fahrschulausrüstung als auch die Gastronomie lassen nur wenige Sitzplätze übrig. Foto: © W. Greiffenberger.
Auch die Strecke in den südlichen Stadtteil Fischeln gab es ab 1883 als Dampfbahn und ab 1900 elektrisch, sie konnte allerdings erst nach der Höherlegung der Staatsbahn 1907 mit den nördlichen Strecken verbunden werden. Erst 1994 allerdings wurde die Strecke vom Friedhof (Schleife seit 1959) um wenige hundert Meter an die seit 1898 vorbeiführende Düsseldorfer Fernlinie K (U76) verlängert und eine Umsteigehaltestelle Fischeln-Grundend, an der wir nun stehen, eingerichtet. Die Fernbahnhaltestelle mit Hochbahnsteigen wird vom „Flexity Outlook” auf der Linie 041 verdeckt. Krefeld wurde gemeinsam mit Viersen und Mönchengladbach zur Gründung des Verkehrsverbundes Rhein Ruhr 1980 und Schaffung eines durchnummerierten Systems die Hunterterstelle „0” zugewiesen. Krefeld nutzt dazu die Zehnerstellen „4” für die Straßenbahn, „5” und „6” für die Buslinien.
Foto: © R. König.
Wir wagen schon mal einen Blick in einen der modernen Niederflurwagen, bei der Nutzung auf dem letzten Stück unserer Bereisung werden wir noch erleben, dass nur wenige Sitzplätze in Fahrtrichtung einen ungehinderten Ausblick ermöglichen. Foto: © W. Greiffenberger.
Liebevolles Detail im Tw 93: Die Schiebeklappe in der Tür zum Perron hatte natürlich einen praktischen Sinn. Durch sie konnte, ohne die große Tür öffnen zu müssen (Zugluft!), das Fahrgeld kassiert werden.
Foto: © R. König.
Und schon wieder eine Endstation. Diesmal St. Tönis, wobei wir hier zum ersten- und einzigen mal das Stadtgebiet verlassen haben. Seit 1904 fährt stets die Linie 1 hierher, und seit 1954 gibt es die Häuserblockschleife Wilhelmsplatz. Ganz in der Nähe ist übrigens eine Haltestelle der Krefelder Museumsbahn „Schluff”, aber das ist eine andere Geschichte.
Der Fahrschul - Partywagen ist ein Eigenbau des Jahres 1984, der, um ein Zweirichtungsfahrzeug zu haben, aus zwei A-Teilen der 6x ER-Tw 602 und 606 (1964 Duewag) zusammengebaut wurde. Der Rest wurde, wenn er nicht schon in den Siebzigern zu 8x Tw erweitert wurde, bis 1989 verschrottet. Zwischen 2010 und 2011 erfolgte nach Ersatz durch die „FOC” der Verkauf oder die Verschrottung aller verbliebenen Duewag GT8. Tw 626 ist also der letzte Vertreter seiner Art und auch der Letzte in der 1980 eingeführten Lackierung in Gelb/Anthrazit, als Fahrschulwagen kaum noch gebraucht, wurde dann die Partyeinrichtung installiert und so ein neues Betätigungsfeld gefunden. Also frei nach seiner Werbung: Miete ihn!
Foto: © R. König.
Im Betriebshof schnell noch ein Bild von einem den M-Achtachser, die als letzte Hochflurwagen in Krefeld schon bald der Vergangenheit angehören werden. Foto: © W. Greiffenberger.
Wir genießen eine Führung durch Betriebshof und Hauptwerkstatt. Blick vom Dacharbeitsstand auf unsere Gruppe und verschiedene Drehgestelle.
Foto: © R. König.
Auch eine Unterflur-Radsatzdrehbank darf in einer guten Werkstatt natürlich nicht fehlen, aufmerksam verfolgen die Teilnehmer die Erläuterungen.
Foto: © R. König.
Hier noch ein Blick in die Wagenhalle, in der die meisten der am Wochenende nur noch wenig gebrauchten M8C in der aktuellen rot weißen Farbgebung auf ihren nächsten Einsatz warten. Von den 20 Exemplaren werden die meisten in ein bis zwei Jahren durch eine 2. Serie der FOC ersetzt, es wird sich sicher noch ein Käufer finden. Der gesamte Betriebshof Weserweg, 1967 eröffnet, wurde zwischen 1991 und 1996 in die heutige Form modernisiert und umgebaut.
Foto: © R. König.
Zu den Studienfahrten gehört es nicht nur, die historischen Fahrzeuge kennen zu lernen, sondern auch ein wenig in den modernen Betrieb zu schnuppern und so war eine Fahrt mit dem Fexity Outlook von Bombardier natürlich Pflicht. Dabei ging es nach Stahldorf und Elfrath (Bild), das seit 1982 als neu entstandener Stadtteil erreicht wird, wobei sich unser Sonderwagen 616 hier etwas hinter dem Schwesterfahrzeug 613 versteckt. 19 Fahrzeuge umfasste die erste Serie von 2009-10, was zur Ausmusterung aller GT8 führte, die bereits bestelle zweite Serie wird ab 2014 nochmal 12 Fahrzeuge umfassen und zur Abstellung vieler M8C führen.
Anmerkung: Die fehlenden Äste der Linie 044 nach Hüls und Linn, Rheinhafen waren an unserem Reisetag unerwartet wegen Bauarbeiten gesperrt und konnten darum leider nicht bereist werden, was sicherlich auch zeitlich sehr knapp geworden wäre.
Foto: © R. König.
Die Haltestelle Rheinstraße ist der zentrale Punkt in der Stadt, hier laufen alle vier Linien zusammen - und gemeinsam weiter zum Hauptbahnhof, außerdem beginnt hier die normalspurige U76 nach Düsseldorf, noch separat zwischen den Meterspurgleisen, bevor sie sich zum Vierschienengleis einfädelt. Eigentlich sollte die komplette Neugestaltung mit überdachtem und für die Niederflurzüge passend erhöhtem Mittelbahnsteig sowie neuer Kehranlage für die U76 bereits fertig sein, aber die Stadt hat kein Geld und das Projekt auf 2014 verschoben und so besteht ausgerechnet an dieser wichtigen Umsteigeanlage ein über 40 Jahre alter, längst nicht mehr zeitgemäßer Zustand. Ähnliches gilt auch für erhebliche Teile des Netzes mit z.T. noch im Straßenniveau gelegenen Haltestellen, die trotz der Niederflurwagen noch weit von einer barrierefreien Stadtbahn entfernt sind. Andererseits fanden wir auf der Stahlwerksstrecke aufwändige Umbauten für den Kraftverkehr, wo fast an jeder Kreuzung die Gleise auseindergezogen wurden, um zwischen ihnen Linksabbiegerspuren zu bauen, die Gleistrassierung wurde dabei unangenehm eckig, was nur mit langsamer Fahrt leidlich erträglich ist. Der auf eigenem Bahnkörper verlaufende Südast der 043 wurde gar kürzlich eingestellt und die Linie zum Hauptbahnhof zurückgezogen. Allerdings scheint man die Infrastruktur noch nicht angetastet zu haben.
Für das letzte Bild ein Kunstgriff ins Archiv von 2010, da der Umstieg auf die U76 zur Fahrt nach Düsseldorf nicht wie geplant an der Rheinstraße, sondern am Hauptbahnhof (wie Bild 2) stattfand und wir hier nur mehrfach vorbeigefahren sind. Auch die U76 ist ein Problemfall für Barrierefreiheit, die nur mit Hochbahnsteigen zu erreichen ist, die, obwohl an einigen Stationen im Bau zu sehen, mehrheitlich noch nicht vorhanden sind.
Foto: © R. König.
Die Rückfahrt mit der Eisenbahn verlief unspektakulär und sogar mit pünktlicher Ankunft in Hamburg. Die im Vorjahr als ICE angebotene Verbindung fährt nun aber wieder als IC und den mit enger ICE-Bestuhlung fast nur noch in Reihenanordnung modernisierten Großraumwagen muss man ja nicht unbedingt als Verbesserung empfinden.
Im Frühjahr geht es am 26. April 2014 dann nach Jena und Naumburg, siehe unter Termine.
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