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Studienfahrt Berlin am 25.10.2014
VVM-Studienfahrten sind in der Regel öffentlich, jeder, der Interesse daran hat,
kann gerne teilnehmen. Infos zu aktuellen Fahrten finden Sie unter
Termine.
Die VVM-Studienfahrt am 25. Oktober 2014 ging erstmals in die Deutsche Hauptstadt, Berlin.
Einen Reisebereicht finden Sie auch in den
Hamburger Nahverkehrsnachrichten
4/2014.
Text: © Rolf König.
9 Jahre nach Eröffnung des Berliner Hauptbahnhofes kann man diesen nun auch mit der Straßenbahn erreichen. Zu unserem Besuchstag lag die Streckenfreigabe aber noch 1 ½ Monate in der Zukunft. Darum beginnen wir sozusagen „als SEV” mit einem Bus: Doppelstockbus 929 „Hugo” Typ Do 54, Gebaut 1956 für die BVG (Ost) bis 1970 im Einsatz. Er überlebte als Gartenlaube, wurde kurz vor der Wende geborgen und bis 2005 restauriert. Nun wartet er samt Schaffner auf die eintreffende Gruppe. Mit einem touristischen Umweg ging es zum ehemaligen Betriebshof Niederschönhausen im Norden der Stadt. Foto: © R. König.
In diesem ist die historische Sammlung des DVN (Denkmalpflege-Verein Nahverkehr) verwahrt. Es folgte ein umfangreicher Rundgang durch die Hallen, von dem wir hier nur einen kleinen Ausschnitt zeigen. Nicht alle Fahrzeuge stehen immer fotogerecht und wir würden auch den Berichtsrahmen sprengen. Seit 2012 ausstellungsfähig als „TF26” Nr. 4362 restauriert ist der wieder mit Rollenstromabnehmer versehene 1926 von Christoph & Unmack in Niesky gebaute ehemalige Flachbahn-Triebwagen 14. Foto: © R. König.
Um die Personalkosten zu senken entwickelte man in Niesky in den 1920er Jahren aus zwei Zweiachsern und einem zwischengesetzten (frei schwebenden) Mittelteil diese Gelenkwagen als Kleinserie für Dresden, Leipzig und Berlin. Die gewünschten Einsparungen wurden aber nicht erreicht, so blieb es bei zwei Fahrzeugen in Berlin. 6211 gelangte zur BVG (West) und blieb bis 1967 im Einsatz. Foto: © R. König.
1952 beschaffte die BVG (West) zwei 4x Großraumzüge als Prototyp. Zur Serienlieferung kam es dann allerdings nicht mehr – es wurden stattdessen neue Busse beschafft… und 15 Jahre später die Straßenbahn im Westteil der Stadt stillgelegt. Foto: © R. König.
Tw 3110 (links) ist ein 1923 aus einem sogenannten Berolina-Wagen vom Anfang des elektrischen Betriebes durch Umbau entstandener U3L-Wagen, mit fortan geschossenen Plattformen. Tw 10 ist die Urzelle des heutigen DVN. Bereits 1967 fand sich eine Gruppe Straßenbahnfreunde zur „Arbeitsgruppe Verkehrsgeschichte” im Deutschen Modelleisenbahnverband der (damaligen) DDR zusammen. Diese rekonstruierte aus dem (zuletzt als Arbeitswagen genutzten) U3l-Wagen 3211 den Cöpenicker Tw 10. Rechts lugt noch Arbeitswagen A180 ins Bild. Ebenfalls aus einem Berolina Wagen hervorgegangen wurde er zum Arbeitswagen und 1952 von Lowa-Johannestal mit neuem Holzaufbau versehen. Nach vielseitiger Nutzung u.a. mit Schneepflug und als Kranschlepper dient er heute im Museum als Materiallager. Foto: © R. König.
So, nun wollen wir aber endlich auch fahren. Gemäß Tour-Beschreibung ging es nach „JWD” („Janz weit draußen”): Los geht es mit T24/B24. Die Berliner Straßenbahngeschichte beginnt mit diversen kleinen Gesellschaften, die sich immer weiter zusammenschlossen. Nach Inflationsbedingtem Ruin gründete die Stadt 1923 die Berliner Straßenbahn-Betriebs GmbH. (Die 1929 mit der Hochbahn und den Bussen der ABOAG zur BVG vereinigt wurde). Für die neue Gesellschaft hieß es zunächst aufräumen mit dem geerbten bunten Wagenpark. Bei dreizehn Herstellern wurden insgesamt jeweils 500 Trieb- und Beiwagen des Typs T24 / B24 gebaut, die fortan das Berliner Stadtbild prägten.
An der Endstelle Zingsterstraße ist aber mächtig was los, kein Wunder, denn rechts vom Betrachter enden die Wohnblöcke der Großwohnsiedlung Hohenschönhausen. Entsprechend ist unser Zug eingerahmt von den Linien M4 und M5, auf denen die noch in Auslieferung befindlichen Bombardier Flexity Typen in Ein- und Zweirichtungsausführung bereits das Ruder übernommen haben. Foto: © R. König.
Nächster Halt ist die Häuserblockschleife Gudrunstraße in Lichtenberg. Hier ist der T24/B24 in wirklich passender Umgebung. Im Rücken des Betrachters liegen die Gleisanlagen des Bahnhofes Lichtenberg. Über einen Verbindungstunnel - zugleich Zugang zur U-Bahn Linie 5 - gelangt man zu den Bahnsteigen. Allerdings hat der Bahnhof inzwischen stark an Bedeutung verloren und wird außer von S-Bahnen fast nur noch von Regionalzügen angefahren. Zu DDR-Zeiten war er ein wichtiger Fernbahnhof, da durchgehende Fernzüge die Verbindung Lichtenberg - Ostring - Schöneweide nutzen mussten, um die Hauptstadt der DDR ohne Richtungswechsel zu durchfahren. Foto: © R. König.
Dem Fahrer über die Schulter geschaut, begegnet uns in der Wilhelminenhofstraße in Berlin Oberschöneweide ein solo Tatra KT4D auf der Linie 67. Zwischen 1980 und 1987 geliefert, wurden zahlreiche Wagen in den Nachwendejahren modernisiert. Aber gleichzeitig begann Ihr Stern auch zu sinken und die Wagen werden nach und nach verkauft. Ein Zug ist (ohne Modernisierung) bereits im Museum gesichert. Bahnhistorisches Terrain: Rechts neben der Straße verlief bis Mitte der 1990er Jahre die Industriebahn Oberschöneweide, die bis 1969 betrieblich zur Straßenbahn gehörte. Wegen der Bauform ihrer Elektroloks wurde sie im Volksmund als „Bullenbahn” bezeichnet (Andere Quellen behaupten, weil zunächst Ochsen als Zugtiere dienten). Alles Geschichte. Foto: © R. König.
Als „Scheitelpunkt” unserer Sonderfahrt ist der Betriebshof Köpenick erreicht. Hier wechseln wir vom T24/B24 auf einen TM 34 mit Lowa Beiwagen: Nach den T24 mussten wegen des weiter steigenden Fahrgastaufkommens nochmals 300 Triebwagen als Nachfolgeserie wieder bei verschiedenen Waggonherstellern bestellt werden. Diese wichen in der Aufteilung bemerkenswert von den Vorgängern ab: Anstelle zweier Endplattformen gab es nur eine in Wagenmitte mit zwei Fahrgasträumen. Ursprünglich besaßen diese Triebwagen eine Schützensteuerung, die sich nicht bewährte und 1931 zur Abstellung aller Wagen führte. Es folgten zwecks Wiedereinsatz verschiedene Umbauten. Wagen der Hersteller aus Görlitz und Niesky erhielten eine Starkstromsteuerung für den Verbundbetrieb TM 33 bzw. TM 36. Ein solcher Zug findet sich in der VVM Sammlung. Wagen aus Düsseldorf wurden mit einer bewährten Einfachsteuerung mit Nockenfahrschalter ausgerüstet, dabei wurde auch die Einfachtür (auf beiden Seiten vorne rechts) nachgerüstet. Aus diesem Umbau stammt 3802. Foto: © R. König.
Weitgehend (soweit möglich) auf anderem Weg - via Alex - geht es nun zurück in den Berliner Norden. Aber bevor es losgeht, schnell mal ein Gruppenbild zur Erinnerung „Cheese!”. Auch Lust dabei zu sein? Foto: © R. König.
Im dichten Stadtverkehr sind Fotohalte praktisch ausgeschlossen, so dass es fast keine Bilder von der Fahrtstrecke gibt - man muss halt wirklich dabei gewesen sein. Einem einheimischen Fan verdanken wir diese Nachschuss-Aufnahme des Lowa Bw 1707, als wir bei unserer Fahrt an der Straße Freiheit grade die Köpenicker Altstadt verlassen. Man beachte den viersprachigen Hinweis „Nicht links überholen” am Heck. Zum Typ B50: nach der Teilung der BVG 1950 musste die Ost-Verwaltung möglichst schnell die Kapazitäten erhöhen. Dies gelang durch die Teilung sogenannter Verbundzüge in einzelne Triebwagen, denen vom Waggonbau Werdau neu gefertigte Beiwagen in Leichtbauweise zugeordnet wurden. Bw 1707 war nach seinem Einsatz in Berlin, wie in der DDR oft praktiziert, an einen kleineren Betrieb abgegeben worden und so 1969-1978 in Dessau eingesetzt. Foto: © H. Tschirner.
Da sind wir schon wieder im Norden der Stadt, an der Endstelle Björnsonstraße Begegnung mit einem 1994-1997 von AEG und Nachfolger Adtranz gebauten „GT6”. Bis 1989 war hier die Welt noch zu Ende. Die Straßenbahn bog unmittelbar vor den Grenzübergangsanlagen „Bornholmer Straße” in die Schleife ab. Ziemlich genau 25 Jahre vor unserem Besuch spielte sich hier die ganz große Deutsche Geschichte ab, als sich in der Nacht vom 9. November 1989 die Schlagbäume auf Druck der (Ost-)Bevölkerung nach 40 Jahren deutscher Teilung und 28 Jahren „Mauer” wieder öffneten. Von den Grenzsicherungsanlagen ist hier nichts mehr zu sehen und die Linien M13 und 50 fahren wie selbstverständlich (seit 1995 wieder) über die Bösebrücke in den (West-) Stadtteil Wedding… Ein großer Netz-Ausbau zurück in das ehemalige Westberlin ist aber bis heute leider ausgeblieben. Foto: © R. König.
Nicht mit einem Sonderzug und auch nicht nach, sondern von Pankow geht es nun zurück via Berlin-Südkreuz nach Hamburg. Der S-Bahn Zug der Baureihe 480, noch für die damalige BVG als Betreiber der S-Bahn West entwickelt, fährt heute ganz selbstverständlich als S9 über den Ostring – zum Flughafen Schönefeld. Da wir aber nicht per Flugzeug sondern per Bahn nach Hamburg zurückwollen, lassen wir ihn fahren, denn wenige Minuten später kommt die S2, die via Nord-Süd Tunnel fährt und uns zum Südkreuz bringt. Foto: © R. König.
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