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Studienfahrt nach Bielefeld am 22. 10. 2016
VVM-Studienfahrten sind in der Regel öffentlich, jeder, der Interesse daran hat,
kann gerne teilnehmen. Wenn Sie mit dabei sein wollen: Zur Terminliste mit den nächsten Sonderfahrten.
Einen Reisebericht finden Sie auch in den
Hamburger Nahverkehrsnachrichten
4/2016.
Text und Bilder soweit nicht anders vermerkt: © R. König und W. Greiffenberger.
An dieser Stelle müssen wir mit einem alten hartnäckigen Gerücht aufräumen: Bielefeld gibt das doch! Und so war es am 22. Oktober 2016 unser Ziel. Die Anreise erfolgte per EC nach Osnabrück, wo im dortigen Turmbahnhof auf einen bei Abfahrt noch deutlich verspäteten „Flirt”-Triebwagen der Westfalenbahn zum Ziel umgestiegen wurde. Wie in vielen westdeutschen Städten wurde im Stadtzentrum die Straßenbahn in den Untergrund vertrieben. Fast-Einzigartig ist allerdings die Kombination von Hochbahnsteigen und Meterspur im Zweirichtungsbetrieb.
Das Netz umfasst ausgehend von einer zentralen Achse Hauptbahnhof – Rathaus sieben Außenäste, die sich 4 Hauptlinien teilen, es gibt drei verschiedene Fahrzeugtypen. Wie gesagt: Straßenbahnen sucht man auf dem Bahnhofsvorplatz schon seit 25 Jahren vergeblich, aber ein „U” weist den Weg zu dem etwas vom Empfangsgebäude entfernt liegenden Eingang in den Untergrund, der mit einer langen, sehr flachen Treppe (und Rolltreppe) hinab zur Empfangshalle führt. Der U-Bahnhof ist dreistöckig. Auf der -2 Ebene befinden sich ein Seitenbahnsteig an dem alle 4 Linien aus dem Stadtzentrum Richtung Norden halten und einen Mittelbahnsteig für die Linien 3 und 4 (getrennt) stadteinwärts sowie in der -3 Ebene noch einen Seitenbahnsteig für die Linien 1 und 2 gemeinsam.
Zur Einstimmung beginnen wir mit einem 53 Jahre alten Dia vom alten Betriebshof nahe dem Hbf., der bald darauf aufgegeben wurde. Damals besuchten die „Hamburger Verkehrsamateure” - einer der beiden Ursprünge des VVM - die Bielefelder Straßenbahn. Man fuhr - ganz fortschrittlich - mit einem HHA-Schnellbus - den ein Verkehrsamateur (HHA-Busfahrer) in seiner Freizeit lenkte - über die noch neue Autobahn dorthin. Nur so waren die Kosten für einen Tagesausflug damals erträglich. Für Verkehrsbetriebe war es damals noch ungewöhnlich, dass sich Gruppen von Privatleuten für sie interessierten und oftmals berechneten sie den Besuchern auch für die Sonderfahrten nichts.
Wir beginnen unsere Bereisung mit dem mittleren Typ M8D, die Bielefeld in zwei Serien in 36 Exemplaren 1994 (20) und 1998 (16) von Siemens/Adtranz beschafft hat. Es handelt sich bei diesen Fahrzeugen um „unechte Zweirichter”, die jeweils nur einen Fahrerraum haben und darum immer als 55 Meter Päärchen daherkommen. Die drei Wagenteile eines 8-Achsers besitzen jeweils einen Einstiegsbereich.
Mit diesem Zug geht es nordwärts gleich hinter dem Hauptbahnhof wieder an die Oberfläche und im Verlauf der Linie 1 zum Stadtteil Schildesche - gleich etwas Besonderes: Die Trasse verläuft auf dem Weg der ehemaligen Kreisbahn ab der z. Zt. gesperrten Zwischenschleife Kattenkamp seit 1968 auf dem Bahndamm stadtbahnmäßig ausgebaut und ersetzte damit hier die bisherige enge östliche Trasse im Ortszentrum. Vor der gegen dem Uhrzeigersinn befahrenen Endschleife befährt die Bahn einen Tunnel, über dem sich ein Gesamtschulkomplex befindet. Tw 561+562 stammen aus der ersten Serie von 1984. Der Zufall wollte es, dass der führende Wagen eine Vollwerbung für Marktkauf trägt, der hintere trägt aber die Hausfarben Blau Weiß Orange. Die Fahrtrichtung der Endschleife, deren Aufweitung noch im Tunnel beginnt, war bis zur Errichtung der Hochbahnsteige 1996 noch andersherum.
So sehen diese Fahrzeuge innen aus. Rein funktional und jeglicher Behaglichkeit entbehrend, aber da sind diese Wagen leider keine Ausnahme. Kein Autohersteller würde es riskieren, auch nur annähernd ähnlich Primitives anzubieten. Trotz wachsender Fahrgastzahlen auch in Bielefeld gibt es mangels Daten keine verlässlichen Aussagen über den Anteil der Stadtbahn an der Mobilität dortselbst. Aber auch dort ist das öffentliche Mobilitäts-Angebot wie anderswo auf diejenigen ausgerichtet, die keine Chance haben, auf den MIV auszuweichen.
Nun sind wir schon zurück durch den Innenstadt-Tunnel und über den südlichen Ast der „2” an deren Endstelle Sieker, die vorbildliches vis-a-vis Umsteigen Stadtbahn – Bus ermöglicht. Gleich dahinter (Längsseite) beginnt das Gelände des Betriebshofes mit Werkstatt, den wir zwecks Fahrzeugtausch an diesem Tag noch mehrfach erreichen werden. Gelegenheit, sich in der Freiaufstellung etwas umzusehen, für die es hier kein Fotografierverbot gab: Hier nochmal ein Pärchen des Typs M8D, zusätzlich mit einem 4x Mittelwagen M4B bilden sie einen stattlichen 68 Meter Zug, wie er hauptsächlich auf der Linie 4 eingesetzt wird. Die Wagen 578 und 579 tragen eine Sonderlackierung mit Stadtmotiven. Die Freiabstellfläche des Betriebshofes bietet die seltene Gelegenheit, einen solchen Zug ungehindert aufzunehmen. Solche Zuglängen überraschen durchaus, zumal meist alle 10 Min. gefahren wird. Bei unserem vorherigen Besuch in der mit 362.000 Einwohnern wenig größeren Stadt Bochum (Bielefeld: 333.000) erlebten wir hingegen eher 20 Min. Takt und das teils nur mit Solo-Sechsachsern.
Der Mittelwagen von nahem. Fünf Exemplare dieses fahrerraumlosen 4xWagens (MB4) wurden zwecks Kapazitätserhöhung 1999 beschafft. Der Stromabnehmer dient nur der Beleuchtung und Heizung des nicht angetriebenen Wagens.
Etwas abseits steht Schleifzug 510. Es ist ein 1990 entstandener Eigenbau mit Schörling Ausrüstung. Spenderwagen waren DUEWAG GT A-und C- Teil des 8x 807 von 1963/66 und dem A-Teil des 6x 832 von 1960. Dahinter steht abgeplant die Schotterlore, Hersteller Schwarzer 1995.
Wir haben den Betriebshof über die zweite (nördliche) Zufahrt „Sieker Mitte” verlassen und nehmen so den Weg der Linie 3 stadteinwärts. Bei unserem jetzigen Gefährt handelt es sich um dem historischen GT8 – der auch innen noch diverse Details seines Innsbrucker Gastspiels trägt. Per Handmikrofon werden Erklärungen gegeben.
GT8 ist das Stichwort. Zur Modernisierung des Wagenparks, der wie in vielen Betrieben aus 2-achser Vorkriegsfahrzeugen, einigen Aufbau- und Verbandstypwagen sowie ersten Versuchsumbauten bestand, wurden 1955 von der DÜWAG zunächst vier vierachsige Großraumtriebwagen (die 1962 zu Beiwagen umgebaut wurden) und zwei passende Beiwagen geliefert. Schon 1957 folgten die ersten neun Sechsachs-Gelenkwagen, denen 1960-62 20 weitere und 1963 nochmal neun folgten. Ferner 1961-62 noch neun weitere 4x Beiwagen. Von den Triebwagen wurde 1966 einer aus der ältesten Serie (810), 1968 alle 9 von 1963 (801-809) und 1975 dann vier aus der mittleren Serie (811-14) um ein Mittelteil zu Achtachsern erweitert. Von diesen nun 15 GT8 gingen 1981/83 10 (und div. 6-Achser) nach Innsbruck und zwei nach Würzburg, sodass in Bielefeld nur noch 3 GT8 verblieben, einer davon wurde 1989 für den Schleifwagen verwendet. Zu den letzten zwei verbliebenen (804 und 808) kommen wir später. Die Beiwagen wurden schon um 1987 ausgemustert und nach Darmstadt bzw. schon 1982 zur OEG (wie einige 6 x Tw) verkauft. Die meisten der nach Innsbruck verkauften Wagen wurden dort bald ihres Mittelteiles beraubt (wieder für andere Wagen weiterverwendet) und liefen fortan wieder als Sechsachser durch die Tiroler Stadt. 2008/09 wurden alle nach Arad (Rumänien) bzw. Łódź (Polen) weiterverkauft bis auf einen: Innsbruck 32, 1981 ex Bielefeld 814 (im gleichen Jahr seines Mittelteils beraubt aber 1991 wieder um ein Mittelteil des einen der beiden Würzburger - ex Bielefeld 809 - erweitert)... kam zurück in seine Heimat und steht nun nach dreijähriger Restaurierung seit 2011 wieder als historischer Wagen zur Verfügung. Und mit diesem Fahrzeug fahren wir jetzt.
Dem Fahrer über die Schulter gefilmt: In der Auguste Schröder Straße, 1986 im Vorgriff auf den Tunnelanschluss (1991) angelegt (Aufgabe der Strecke via Busbahnhof Kesselbrink) mit Haltestelle und gerade entgegenkommender 3, haben wir „das” Motiv schon in Sichtweite, wo wir unseren GT 8 auch mal von außen zeigen können. Die vor uns liegende Haltestelle dürfte kaum jemals mit einem barrierefreien Hochbahnsteig auszurüsten sein und auf Ewigkeiten Fahrzeuge mit 2 Einstiegshöhen erfordern, die aber auch beim Tiefeinstieg nicht barrierefrei sind. Wie die Stadt der Forderung nach Barrierefreiheit ab 2022 nachkommen will, ist nicht erkennbar.
Dieser Fotohalt ist ein „Muss”, hier passiert die Linie 3 das Dürkopp Tor 1, historisches Werksgelände der Dürkopp AG. Die heutige Firma Dürkopp-Adler ist weiterhin ein bedeutender Hersteller von Nähmaschinen. Früher gehörten u.a. auch Fahrräder, Motorräder und Autos zum Portfolio. Von hinten nähert sich schon der nächste Linienwagen der 3, also schnell wieder einsteigen.
Da der GT8 nur ein Einrichtungswagen ist und zudem nicht an Hochbahnsteigen halten kann sowie über keine für den Tunnel notwendigen Zugsicherungsanlagen verfügt, ist der Wirkungskreis auf die Strecke südlich Rathaus eingeschränkt. Wir folgen jetzt dem Verlauf der Linie 1 in Richtung Brackwede. Dazu haben wir den Bergrücken des Wiehengebirges (Ausläufer des Teutoburger Waldes, auf dem das Wahrzeichen der Stadt Bielefeld - die Sparrenburg - thront) passiert. Rechter Hand übrigens u. a. das Betriebsgelände der Firma Dr. Oetker. Die Informationen über die „MoBiel” und das Vorbeiziehende erhalten wir für die Fahrt mit dem GT8 übrigens von unserem Erklärer Herrn Roland Landgraf der den Part des Verkehrsbetriebes an der Tourgestaltung inne hatte und uns auch schon mit allerlei interessantem Informationsmaterial über den Betrieb eingedeckt hat.
Wir biegen in den Stadtteil Brackwede ein, auch hier gibt es noch keine Hochbahnsteige. Eigentlich sollten die schon längst da sein, aber in der verhältnismäßig engen Einkaufsstraße wird um jeden Meter Platzbedarf diskutiert. Die Lösung wäre das Projekt „Linie 5“ gewesen. Diese wäre unter Übernahme des Brackweder Astes der 1 als neue Linie mit Niederflurwagen und durch die Innenstadt als oberirdische Ost-West Spange zum nur mit Bussen erschlossenen Stadtteil Heepen neu gebaut worden, politisch schon beschlossen wollte man die Bürger fragen und die lehnten das Projekt knapp mit 53,39% ab. Dies ist kaum verwunderlich, da natürlich alle, auch die weit entfernt liegenden Stadtteile befragt wurden und die große Mehrheit der Bürger die Stadtbahn nie benutzt und Straßenbau und Parkplätze für wichtiger hält. Vorbei am Sennefriedhof (diese Trasse ist 1979 „durch den Wald” neu verlegt worden) erreichen wir die Endschleife Senne, auch diese ist weitgehend vorbildlich mit vis-a-vis Haltestellen zu den Buslinien angelegt.
Endstelle Senne: Ein Zug der Linie 1 fährt in die Endstelle ein, rechts pausieren wir bei aufgekommenem Sonnenschein am Tiefbahnsteig mit dem GT8, der diesen Weg regelmäßig als Oldtimer-Bahn nimmt. Zukünftig soll die Stadtbahn hier um 6,5 km in die Sennestadt (ein „autogrechter” Reißbrett-Stadtteil aus den 1960er Jahren) verlängert werden, ein Projekt, was seit 60 Jahren diskutiert, zuletzt eigentlich als weiterer Teil der Niederflur-Linie 5 vorgesehen war und nun wohl doch als Hochflur-„Stadt”-Bahn entstehen wird. Nun geht es zurück, aber nicht ohne auf die Bethel Stiftung hinzuweisen, die ebenfalls auf dem Weg liegt.
Wir nehmen nun den direkten Weg der „2” zum Betriebshof Sieker, korrekterweise ist das der Linienweg der „12”, die genau wie die „13” Sieker – Schildesche und „18” Sieker Mitte – Senne, im Prinzip nur Ein-/Aussetzfahrten und Einzel-Schülerfahrten macht. Ähnlich die „10” Sieghorst – Lohmanshof, die aber außerdem im Abendverkehr den stärkeren Ast der „3” mit der 4-rer Strecke verbindet.
Mit dem GT8 - der Doppelscheinwerfer war ab Mitte der 70er typisch für die Bielefelder GT - wieder zurück auf dem Betriebshof. Die weinrote Lackierung dagegen ist noch die Innsbrucker Hausfarbe. Die Willkommen-Schriftzüge stammen von der Fußball EM 2008. Innsbruck war Austragungsort von Vorrundenspielen, kurz danach wurden die Altwagen außer Betrieb genommen, das Wappen „Team der Fans (Public Transport)” passt aber immer noch gut. Nun darf der zweite Teil unserer Gruppe (der erste hat dies schon vor der GT8-Fahrt gemacht) einen Blick in die Leitstelle der MoBiel werfen.
Teil-Blick in die Leitstelle der MoBiel. An der Monitorwand sehen wir den von hier signalgesteuerten Fahrbetrieb im Stadtbahntunnel (seit 1991 und 2010 auf ETCS-Technik umgebaut) etwa vom Landgericht (links) und Tunnel ab Rathaus bis zu seinen vier nördlichen Ausfahrten (rechts). Außerdem wird aber natürlich auch der Funkkontakt zu allen anderen Bahnen und Bussen gehalten. Die Stadtbahnlinien 1-4 verkehren an den Werktagen im 10 Minuten Takt. Das Busnetz, das teilweise weit ins Umland reicht, verzeichnet 77 Linien, davon 14 im Wochenende-Nachtverkehr (Stundentakt) wiederum neun davon stellen an Sonn und Feiertagen auch den Frühverkehr im Stadtnetz her, wo der Betriebsbeginn der Stadtbahn erst um 9 Uhr liegt (Samstags um ca. 6 Uhr). Außerdem sitzt hier ein Disponent der Tochter Westfalenbahn, der u. a. für unsere Anreise (und das Aufholen der Verspätung...) zuständig war.
Vom Konferenz- / Zuschauerraum wird uns die hinter der Fensterwand liegende Leitstelle ohne zu stören erklärt.
Das dritte von uns heute benutzte Fahrzeug ist das jüngste Kind der MoBiel der Typs GTZ8-B „Vamos” (Spanisch: Auf geht’s!). Wegen des steigenden Fahrgastaufkommens und um sich von den ersten M8C-Altfahrzeugen zu trennen beschaffte die MoBiel 2011/12 16 dieser vom Herstellerkonsortium Vossloh Kiepe und Heiterblick in Leipzig speziell gebauten Fahrzeuge. Durch die Bombierung wurden diese Fahrzeuge trotz der Meterspur 2650 mm breit, und damit glatte 35cm breiter als die M-Wagen, was man im Fahrgastraum auch deutlich merkt. Der Vamos ist wie die M8 3-teilig aber rund 9 Meter länger, so dass ein Päärchen etwa so lang ist wie ein M8D-Päärchen + MB4. Jede Wagenseite hat 5 Türeinstiege, wobei der erste und letzte ohne Klapptrittstufen versehen ist, also an den verbliebenen Tief-Haltestellen nicht geöffnet werden kann. Wegen der Überbreite ist der Einsatz bisher auch nur auf den Linien 2 und 4 möglich und auf ersterer sind wir nun.
Hinter dem Hauptbahnhof folgt die Tunnelhaltestelle Beckhausstraße. Diese war 1971 die erste Tunnelstation im Netz und hat Seitenbahnsteige und zunächst natürlich auch noch keine Hochbahnsteige (kamen 1990). Danach geht es an die Oberfläche, zunächst immer im Mittelstreifen der Herforderstraße. Die Strecke ist die am häufigsten verlängerte: Zuerst 1924 und 1964, weiter dann schon stadtbahnmäßig fernab der Straße: 1969 und schließlich 1978 bis Milse, wo zunächst eine Endschleife bestand, die dann 2008 im Vorgriff auf die nächste Verlängerung durch eine Stumpfendhaltestelle ersetzt wurde. Triebwagen 5015 (die Vamos haben vierstellige Wagennummern) biegt gerade von der ehemaligen Stumpfendstelle Milse in die Neubaustrecke nach Altenhagen ein.
Erst im Dezember 2015 erfolgte die Eröffnung zweier weiterer Stationen bis zum heutigen Endpunkt Altenhagen, wo man auf eine Wendeschleife verzichtet hat. Die Zwischenstation Buschbachtal liegt dabei (noch) auffallend auf freiem Feld. Obwohl neu, weicht die Bahnsteigmöblierung kaum von älteren Anlagen ab. Rasengleis! Nicht nur bei der Rückfahrt belagern besonders aber nicht nur unsere jüngsten Mitglieder den Fahrerraum und unser Fahrer des gesamten Tages, Boris Carlos Pareigis, erklärt bereitwillig alle Fragen, vielen Dank dafür! Im Vamos besonders auffällig: Statt Rückspiegel gibt es Kameras.
Die größere Breite im Vamos im Fahrgastraum fällt deutlich auf, man beachte auch die unfreundlichen gegenläufigen Sitzreihungen mit viel Stehplatzraum ohne die erforderlichen sicheren Festhaltemöglichkeiten in etwa Brusthöhe und dass nicht alle Türen synchron angeordnet sind.
Wieder zurück am Betriebshof folgt nun der dritte und älteste eingesetzte Fahrzeugtyp, der M8C. Schon 1976 wurden die ersten vier Fahrzeuge (501-504) beschafft, diese aber schon 1987 – weil ohne Klapptrittstufen - an Mainz abgegeben. Mit Klapptrittstufen kamen 1982 14, 1983, 1986 und 1987 je 10 Fahrzeuge hinzu. Durch Verschrottungen und Verkäufe nach Łódź in Polen sind heute von den beiden älteren Serien nur noch je zwei Fahrzeuge über. Darunter mit Nummer 516 (Nummern 505-515 wurden nicht vergeben) der älteste, den wir nun auch nutzen werden. Also wechseln wir vom Vamos (5004) in den 516 von 1982.
Dieser hat im Inneren eine besondere Beklebung. Unter dem Motto „Zeitreise `91” konnte man „sein” Foto aus dem Jahr der Stadtbahneröffnung einsenden, das nun im Inneren dieses Wagens präsentiert wird. Viele, aber längst nicht alle Bilder, haben mit der MoBiel zu tun, aber das war egal.
Wir nutzten nun erneut die nördliche Ausfahrt des Betriebshofes, sind nun wie die „3” und durch den Tunnel zu ihrem Nordast gefahren. Hier schließen an den Hauptbahnhof zwei Tunnelstationen an, bevor es an die Oberfläche geht. Als Besonderheit liegen Tunnel Ein- und Ausfahrt getrennt hintereinander. Eine weitere Besonderheit ist das letzte kurze eingleisige Streckenstück vor der Endschleife Babenhausen Süd. Diese eingleisige Endschleife existiert seit 1980 und war die erste mit Hochbahnsteigen überhaupt, die Haltestellen für Ankunft und Abfahrt der Stadtbahn mit vis-a-vis Umstieg zum Bus. Man beachte allerdings, die ersten hierfür geeigneten Fahrzeuge kamen erst 2 Jahre Später! Bis 1991, zuletzt sporadisch, verkehrten hier auch noch Altfahrzeuge, für die es nach rechs Tiefbahnsteige (Ausstieg Hochbahnsteig links) gab, die Fahrgäste zum und vom Bus mussten dann jeweils um die Straßenbahn herumlaufen. Wir pausieren einen kurzen Moment, zurückgesetzt in einem Stupfgleis, damit der nächste Planzug der 3 zur Abfahrtshaltestelle vorrücken kann.
Als Zugabe noch eine Gesamtansicht des 516, des derzeit ältesten im Planeinsatz stehenden Wagens auf dem Stumpfgleis in Babenhausen Süd.
Um vom Nordast der „3” direkt zur noch fehlenden „4” zu kommen, muss man Kopf machen, wir taten dies im Kehrgleis Hauptbahnhof. Dieses Kehrgleis kann nur von den oberen Bahnsteigen von Norden, also nur von der „3” und „4” erreicht werden, außerdem ist es so kurz, dass nur ein einzelner M8C hineinpasst, also inzwischen so gut wie nutzlos ist und entsprechend selten benutzt wird. Eine Verlängerung geht auch nicht, denn nur eine Wand trennt den Prellbock vom Bahnsteig Jahnplatz, aber wir waren drin! Nach dem Köpfen folgt jetzt also die jüngste Linie, die „4”, 2000 (bis Uni) eröffnet. Auch hier schließen ab Hauptbahnhof zwei Tunnelstationen an, wir sind hier beim Fotohalt in der zweiten, „Rudolf Oetker Halle” (Konzerthaus von 1930). Als Anreise-Station für Bundesliga-Heimspiele von Arminia Bielefeld ist sie entsprechend ausgelegt.
Die vorletzten zwei Haltestellen der Strecke haben dann - obwohl noch jung - schon eine bewegte Geschichte. Zunächst „Universität” die größte oberirdische Stationsanlage mit geschwungenem Dach und Zugangsbrücke wurde erst 2001 richtig fertig, Studenten erreichen sie allerdings erst nach Passieren hunderter Parkplätze. Seit 2012 schließt eine Wendeanlage mit 2 Abstellgleisen an. Die weitere Strecke wurde 2002 eröffnet, aber nach gerade 10 Jahren musste die Haltestelle Wellensiek (Foto) auf doppelte Bahnsteigbreite umgebaut werden. Anlass war die Einrichtung des neuen Campus/Fachhochschule in der Nachbarschaft, die für eine erhebliche Erhöhung des Fahrgastaufkommens gesorgt hat. Seit dem Umbau ist der Aufbauten-Anstrich nicht wie sonst blau, sondern schwarz - die Farbe der nahen FH. Die Endhaltestelle Lohmannshof hat wieder vis-a-vis Umstiege zum Bus. Diese liegen aber nicht in der (folgenden) Schleife, sondern davor und - weit auseinandergerückt - parallel zueinander, dazwischen verläuft die Straße.
Blick von der Haltestelle Wellensiek zurück Richtung Universität im Hintergrund. Moderne unabhängige Stadtbahnstrecke mit Rasengleis. Man beachte auch die umrundungssichere Schranken-Anlage am kreuzenden Fußweg (die Fachhochschule liegt links!).
Und schon sind wir wieder zurück in der Innenstadt. Bevor der Südostast der „3” folgt, ging es nun noch zur Obernstraße. Ursprünglich fuhr die „1” nicht über Landgericht, sondern schon in den 50er Jahren die ausgebaute Strecke über die Alfred Bozi Straße zum Jahnplatz, 1982 wurde diese Trasse am westlichen Stadtkern entlang zugunsten des Individualverkehres aufgegeben und fortan die schon 1962 entstandene Verbindung zur „2” durch die Kreuzstraße genutzt. Das im breiten Mittelstreifen verlaufende südlichste Stück der alten „1” blieb erhalten und wird bei Bedarf bei der Kunsthalle als Wendestelle benutzt. Durch die Linie 5 (siehe oben) wäre diese Strecke wieder auferstanden.
Durch drei Abzweige durchgeschlängelt folgt nun noch der Südast der „3”, den wir z. T. ja schon zweimal stadteinwärts befahren haben. Auf allen drei Südästen gibt es noch Haltestellen gänzlich ohne Bahnsteig, wie hier die Hartlagerstraße. Dank Sicherungsanlage müssen die Autos im Hintergrund eine zeitlang halten, wie wir beim Fotohalt erlebten, aber keineswegs, bis die Bahn weiterfährt, sondern nur für die ungefähre Dauer eines „normalen” Fahrgastwechsels. So war das Einsteigen nach den Fotos bei dichtem Verkehr nicht ungefährlich, nahezu alle Kraftfahrer ignorierten das Gebot des Haltestellen-Verkehrszeichens, Fußgängern von/zur haltenden Bahn Vorrang einzuräumen.
Hinter dem Betriebshofanschluss nimmt die „3” seit 1995 eine kurze Unterführung der Otto-Brenner Straße und verläuft wieder auf eigenem Bahnkörper abseits von Straßen via Elbke (1995) zum Stieghorst (1996), diese Stumpf-Endstelle ist untypisch, sie liegt im 90° Winkel vor der Straße, auf der die weiterführenden Buslinien halten. Totz der fehlenden vis-a-vis Anordnung gibt es hier kurze Umsteigewege - der Fotograf steht praktisch an der Bushaltestelle. Tw 559 ist nicht nur der jüngste M8C, sondern auch einer der ganz wenigen, der das „ab M8D” Farbdesign mit den orangen Türen trägt. Bemerkenswert auch die farbige LED-Liniennummer, die inzwischen alle Fahrzeuge haben, die farbige Unterscheidung: 1 Blau, 2 Grün, 3 Gelb und 4 Rot gab es aber auch schon auf den ursprünglichen Bändern.
Zum letzten Mal auf dem Betriebshof geben sich Vamos, Oldtimer GT8, M8C und M8D ein Stelldichein, wir haben alle Typen und mehr erfahren.
Bevor es jetzt zum Hauptbahnhof losgeht noch schnell das Gruppenfoto der Teilnehmer.
Einen haben wir da noch: Den Partywagen „Sparrenexpress”. Seit 1978 gab es einen Partywagen der aus einem ganz besonderen Zug bestand: Aus einem Aufbau Tw von 1950 und einem KSW-Bw von 1948 (ex Solingen) war 1962 bei Duewag ein „2-Zimmer-mit-Küche-Wagen” (Schwebendes Mittelteil) entstanden. 1986 brannte dieser Zug aus und wurde nie reaktiviert und schließlich verschrottet. Bei der Abgabe der GT8 gab es zunächst noch zwei Fahrzeuge in Bielefeld, die zeitweilig auf der Linie 3 eingesetzt wurden, dies endete mit Eröffnung der Tunnelstrecke endgültig. 1991 wurde ein Fahrzeug (304) nach Brandenburg (Havel) verliehen, 1997 kehrte es zurück und mit dem verbliebenen 808 wurde ein neuer 8x Zweirichtungswagen als Partywagen gebaut, der nun seit 1999 unter der Nummer 500 im Betrieb steht. Um ihn überall einsetzen zu können wurde eine besondere Türanordnung gebaut, die von beiden Seiten gleich ist: Tür 1 original tief, Tür 2 Umbau für Hochbahnsteig, Tür 3 im jeweiligen „B-Teil” Neueinbau mit Klapptritt. Das mittlere C-Teil enthält die Bar und hat keine Türen.
Zum Abschluss ein wenig Partystimmung im Sparrenexpress... Man sieht die verschiedenen Steh- und Sitzmöglichkeiten, im Hintergrund lugt die Bar hervor. Mit ordentlich „Köln-lastiger” Partymusik - der Fahrer kann seine Kabine mit einer Schiebeglastür abtrennen - geht es nun via „2” zurück zum Hauptbahnhof, dass dabei beide Stromabnehmer angelegt waren, ist eigentlich nicht üblich. Aber was ist das - wir fahren am Hbf. durch! Der Disponent befürchtete Verspätungen des Planverkehrs durch den Sonderhalt an der nur einen Bahnsteigkante nordwärts für alle 4 Linien. So mussten oder durften wir als Zugabe die Fahrt zur nächsten Wendemöglichkeit auf der Nordseite mitmachen und fuhren noch einmal auf der „4” zur Rudolf Oetker Halle.
Über einen Gleiswechsel vor dem Hbf. auf das dortige mittlere Gleis der Linie 3 ist unser Sonderfahrtprogramm dann aber doch zu Ende. Es bleibt der Eindruck einer unter dem Druck der Autolobby unnötig, nutzerunfreundlich und sündhaft teuer in der Innenstadt unter die Erde verbannten Bahn, die auf Ewigkeiten betoniert keine Anpassungen mehr ermöglicht. Mit dem teuren Hochflurkonzept befindet man sich in einer ausweglosen Sackgasse, die befürchten lässt, dass besonders im Südnetz die bis 2022 erforderliche Barrierefreiheit nicht herstellbar ist und schon bald die Buslobby verlockende billige Ersatzangebote vorlegen könnte. Nach etwas Verpflegung steigen wir etwa eine Stunde Später in einen ICE, der uns nach Hannover bringen wird, durch leichte Verspätung - zum Glück etwas aufgeholt - wird es knapp, aber der Anschluss-ICE nach Hamburg wartet gerade lange genug auch für den Langsamsten.
Wieder ist ein toller Tag zu Ende – wer nicht dabei war, selber Schuld!
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