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Studienfahrt Bremen am 2. 5. 2015
VVM-Studienfahrten sind in der Regel öffentlich, jeder, der Interesse daran hat,
kann gerne teilnehmen. Infos zu aktuellen Fahrten finden Sie unter
Termine.
Immer wieder einen Besuch wert ist unsere Nachbar-Hansestadt Bremen. Zuletzt waren wir dort 2007. Nachdem dort inzwischen 2 längere Neubaustrecken in Betrieb gingen, galt unser Interesse neben den historischen Fahrzeugen auch diesen Abschnitten.
Einen Reisebereicht finden Sie auch in den
Hamburger Nahverkehrsnachrichten
2/2015.
Text und Bilder: © W. Greiffenberger.
Das diesjährige lange Wochenende ab dem 1. Mai wurde von der Deutschen Bahn zu zahlreichen Baumaßnahmen mit deutlich negativem Einfluss auf die Pünktlichkeit genutzt. So erreichte auch unser „Metronom” Bremen mit etwa 10 Min. Verspätung. Der „Hansa”-Gelenkzug aus der Bremer Waggonfabrik steht schon vor dem Hauptbahnhof für uns bereit und nach vermeintlicher Vollständigkeitskontrolle ging es alsbald los. 2 Teilnehmer, die noch ein Ladengeschäft im Bahnhof aufgesucht hatten, meldeten sich bald per Mobiltelefon und konnten am Bahnhof zusteigen, nachdem unser Zug mit einer „Ehrenrunde” durch die Innenstadt die Teilnehmer eingestimmt hatte.
Nur kurze Zeit stand für einen Fotohalt mit historischem Rathaus und Bremer Roland zur Verfügung.
Wegen der Sonnenscheinrichtung befuhren wir die Neubaustrecke bis ins niedersächsische Falkenberg ohne Halt, um auf der Rückfahrt Fotostopps einzulegen. Mit etwas Verwunderung nahmen wir das nur bedingt nutzbare Ausweichgleis an der Endhaltestelle zur Kenntnis, das nur einen Ausstieg auf die Fahrbahn erlaubt und ggf. durch einem an der Aussteigehaltestelle haltenden Zug versperrt wird.
Planwagen GT8N 3056 hat den Hansa-Zug überholt und tritt gerade die Rückfahrt an. Er wirbt für das Lilienthaler Einkaufszentrum, das nun auch mit der Straßenbahn erreichbar ist. Die Mitte der 1990er Jahre von AEG/Adtranz gebauten 78 ersten Bremer Niederflurwagen machen inzwischen zunehmend Probleme durch erhöhten Verschleiß und Korrosion. Ursache soll auch die deutlich höhere Laufleistung gegenüber der ursprünglichen Planung sein. Um die Lage zu entspannen, hat man bereits Fahrplanausdünnungen vorgenommen und muss über einen vorzeitigen Ersatz nachdenken. Unser Museumszug steht noch in der Schleife und wird gleich nachrücken. Während andere Betriebe, insbesondere solche mit Tunnelstrecken, inzwischen auf Zweirichtungsfahrzeuge umgestellt haben, bleibt Bremen bei Einrichtungswagen und Kehrschleifen. Beide Systeme haben bekanntlich sowohl Vor- als auch Nachteile.
Der Streckenverlängerung kam zu Gute, dass die Straße stark sanierungsbedürftig war und der starke Durchgangsverkehr durch den engen Ort Lilienthal dringend herauszunehmen war. Beim kompletten Straßenneubau war die Tram ohne überwältigende Mehrkosten mit realisierbar. Natürlich gab es auch hier Bürger, die die Tram nicht wollten, und Probleme dadurch, dass Hannoveraner Aufsichts-Behörden für die Genehmigungen zuständig waren. Diese haben die Aufgaben aber inzwischen weitgehend an ihre Bremer Kollegen delegiert. Die Insolvenz des Generalunternehmers kam hinzu. Damit verzögerte sich der Bau erheblich und wurde erst viele Jahre später fertig, als ursprünglich gedacht. Die enge Ortsdurchfahrt erforderte auch einen eingleisigen Streckenverlauf zwischen 2 Haltestellen, den Wagen GT8N-1 3142 gerade verlässt. Bereits 1997 begann man bei Gleiserneuerungen, den Gleisabstand für 2,65m breite Wagen aufzuweiten, zuvor 2,30m. Seit 2005 sind die inzwischen 43 breiten Wagen von Typ Bombardier Flexity im Einsatz. Erstmals handelt es sich nicht um speziell für Bremen entwickelte Wagen sondern aus der Produktfamilie eines Herstellers und erstmals befinden sich die Drehgestelle von Gelenkwagen in Bremen nicht mittig unter den Fahrzeugsegmenten. Seit kurzem dürfen die breiten Wagen bis auf die Strecke nach Sebaldsbrück fast uneingeschränkt eingesetzt werden.
Für Bilder im eingleisigen Abschnitt müssen die Fotografen ein wenig ihre Beine aktivieren. Rasengleis würde hier die Optik verbessern. Das alte Fachwerkhaus - ein Relikt aus der dörflichen Vergangenheit Lilienthals. Bereits bis 1954 besaßen Falkenberg, Lilienthal und Borgfeld Bahnanschluss nach Bremen mit der meterspurigen Kleinbahn „Jan Reiners”, die in diesen Orten nicht weit von der Straße entfernt verlief und zwei mal die Straße querte. Der nördliche Bahnübergang war etwa dort, wo im Hintergrund das rote Haus zu sehen ist. Die Bremer Straßenbauer brauchten den Bahnkörper nahe des Haupbahnhofs dringend für ihre Vorhaben, so verkehrten die Züge nur noch zwischen Tarmstedt und Falkenberg, wo mit dem Bus vorlieb zu nehmen war. Im Güterverkehr und um die Werkstatt Hemmstraße zu erreichen, wurde die Gleise bis dort aber noch benötigt. Nach der Gesamtstillegung 1956 folgte dann schnell der Abbruch. Auch wenn Teilstücke in Straßen aufgingen, ist die Trasse auch heute noch weitgehend als Radweg erhalten.
An der Stadtgrenze zu Bremen müssen Tram und MIV mit je einer gemeinsamen Fahrspur auskommen, das ist auch auf der noch auf Bremer Stadtgebiet liegenden Wümmebrücke so. Bis zum Sperrwerksbau 1974 war der Fluss bei Sturmflut übrigens eine weit größere Gefahr für Bremen als die Weser.
Bis 1972 gab es auch in Bremen etliche Streckenstillegungen, denen meist nur kleinere Erweiterungen entgegenstanden. Erst zur Erschließung der Großsiedlung „Neue Vahr”gab es eine längere Neubaustrecke. Ab Mitte der 1960er hegte man U-Bahn Träume und legte weitere Verlängerungen nach Osterholz und Arsten kreuzungsfrei mit nur umständlich über Treppen oder Rampen erreichbaren Stationen an. Relikte dieses U-Bahn Wahns können wir an der Osterholzer Landstraße auf dem Weg nach Mahndorf bestaunen.
Die weitere Verlängerung bis Bahnhof Mahndorf ging bis April 2013 in Betrieb. Hier begnügte man sich wieder mit einer Straßenbahnstrecke auf eigenem Gleiskörper, wie hier bei Tenever Zentrum. Danach folgt das riesige, auf grüner Wiese am Stadtrand entstandene Einkaufszentrum „Weserpark”, bislang eigentlich nur mit dem Auto erreichbar. Inzwischen wird aber zunehmend auch die Tram dorthin genutzt.
Im spitzen Zwickel zwischen der sich hier kreuzenden Bremer Güterumgehungsbahn und der Bahnstrecke Bremen - Hannover liegt die Schleife Bahnhhof Mahndorf. Von der Brücke zwischen den Seitenbahnsteigen dieses S-Bahn Halts hat man einen guten Überblick über die Tram Haltestelle. Einen planmäßigen Reisezugverkehr auf der hinten liegenden Güterumgehungsbahn gab es jahrzehntelang nicht oder nur kurzzeitig für wenige Züge. Seit einiger Zeit fährt dort der private HKX. Wie lange das angesichts der von der Politik gewollten, fast von allen Abgaben befreiten Fernbusse noch der Fall sein wird, ist allerdings offen. Gut erkennt man auf dem Dach des Hansa-Beiwagens, dass dieser baugleich mit den Triebwagen ist und mit Nachrüsten der Elektrik leicht ein solcher hätte werden können, was aber in keinem einzigen Fall stattfand. Auffällig ist, dass es noch nirgendwo höhengleiche Einstiege gibt, aber das ist wohl erst möglich, wenn keine 2,30m breiten Fahrzeuge mehr im Planbetrieb laufen.
Wegen der nun doch merklichen Verspätung ging es ohne Fotohalt bis in den Betriebshof Sebaldsbrück, der Heimat aller historischen Wagen. Dort wurden wir von dieser schönen Parade erwartet.
Wagen 917 werden wir nach Mittagsimbiss und Besichtigung der historischen Fahrzeuge noch näher kennenlernen. Wagen 49 stammt aus einer Serie von 147 zwischen 1900 und 1907 gebauten Triebwagen. Er wurde 1900 gebaut und bis 1956 zuletzt noch als Reklamewagen gernutzt und 1962 in den Ursprungszustand zurückversetzt. Er ist zwar betriebsfähig, aber nicht für den Fahrgastbetrieb zugelassen.
Bevor es in die Halle geht, noch ein Blick von der anderen Seite auf die Parade.
Pferdebahnwagen 23 von 1888 war nicht mehr lange als Pferdebahnwagen im Einsatz, sondern wurde nach Aufnahme des elektrischen Betriebes 1892 als Beiwagen verwendet. Alle ehemaligen Pferdebahnwagen wurden bis 1925 ausgemustert. 2007 wurde er als Kleingartenhäuschen entdeckt, aber erst 2009 konnte eine Einigung mit dem Eigentümer erreicht und der Wagenkasten geborgen werden. Er soll wieder in seinen Ursprungszustand versetzt werden.
Wagen 801 sieht gar nicht nach Bremen aus, oder doch? Bereits 1986 baute man einen Wegmann-Gelenkwagen - dem weiterentwickelten Hansa-Gelenkwagen - mit einem halben Beiwagen zu einem Sechsachser um. Auf dieser Basis entstand 1989 ein selbst entwickelter, nun aber vollkommen niederfluriger Probewagen. Im gerade wiedervereinigten Berlin interessierte man sich alsbald für diesen Wagen und holte ihn zum Test dorthin und bestellte bald 150 Fahrzeuge nach diesem Muster beim wiedererstandenen Fahrzeughersteller AEG Hennigsdorf. Etwas länger überlegte man in Bremen und bestellte schließlich bei der AEG die achtachsige Version GT8N für Bremen, die noch heute die Mehrzahl der Betriebsfahrzeuge bildet. Der Probewagen gelangte schließlich 1999 nach Schweden, von wo er 2011 nach Bremen zurückkehrte. Hier dient er gerade als Übungsobjekt für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste. Die Umrüstung der Haltestellen auf höhengleiche Einstiege ist in Bremen noch Zukunftsmusik.
Hier noch eine Gesamtansicht von Wagen 49, den wir bereits zuvor in der Halleneinfahrt zeigten.
Inzwischen sind wir wieder unterwegs und an der Hauptwerkstatt/Betriebshof nahe beim Flughafen eingetroffen. GT3 917 ist der letzte überlebende „Ackerwagen”, wenn man von einigen stark veränderten, zum Zweiachser rückgebauten Arbeitswagen absieht. Nach Lieferung der relativ teuren Großraumzüge ab 1954 waren noch nicht mehr fertiggestellte Zweiachser-Fahrgestelle und altbrauchbare Fahrgestelle vorhanden, die relativ leicht aufgebaut werden konnten. Neue Zweiachser wollte man aber nicht mehr und so kam die Idee zum Tragen, einen einfachen Nachläufer hinzuzufügen und so preisgünstig Fahrzeuge zu beschaffen, deren Kapazität sogar über den Großraumwagen lag. Die 28 Wagen erhielten identisch aufgebaute Beiwagen und beschleunigten damit die Ausmusterung von Zweiachsern. Suboptimales Fahrverhalten, ratternde Ketten-Türantriebe und anderes gaben ihnen ihren Spitznamen. Immerhin läuteten sie die Beschaffung von Gelenkwagen ein. Mit der Beschaffung der Hansa- und Wegmann-Gelenkwagen sank ihr Stern jedoch rasch und mit Einstellung der Linie 4 nach Horn 1972 endete der Regeleinsatz. Fortan wurden nur noch wenige Wagen als Reserve und für Verstärkungsfahrten vorgehalten. Die Beiwagen verschwanden schnell im Schrott und wurden teils gerade mal 12 Jahre alt. 917 überlebte noch einige Jahre als Partywagen, rostete aber seit 1980 in Sebaldsbrück im Freien vor sich hin. Ab 2001 begann eine aufwändige Restaurierung und seit 2002 ist er betriebsfähiges Museumsfahrzeug.
134 war schon zur Hauptwerkstatt vorgefahren und stieß erst hier auf unsere Tour. Kaum zu glauben, dass er ursprünglich aus der selben Wagenserie stammt wie Tw 49 und ist nur 4 Jahre jünger. Er überlebte stark umgebaut als Fahrschul- und Rangierwagen. Er wurde 1991/92 in den Zustand 1939 zurückversetzt und ist seitdem betriebsfähiges Museumsfahrzeug.
Alle 3 Wagen für unsere Weiterfahrt zusammen. Hansa-Großraumwagen 811 und sein Beiwagen 1806 hatten 2010 schon 2 Jahrzehnte Museumseinsatz im letzten Betriebszustand hinter sich, nun war eine grundlegende Aufarbeitung fällig, wobei weitestgehend der Lieferzustand wieder herzustellen war. 811 ist seit einiger Zeit fertig, 1806 weit fortgeschritten und könnte noch 2015 fertig werden.
Das Industriegleis, an das auch die Hauptwerkstatt angeschlossen ist, besitzt auch eine Verbindungskurve zum Betriebshofteil und an der Kreuzung mit der Huchtinger Strecke eine weitere Verbindung dorthin und ist in diesem Abschnitt mit Straßenbahn-Oberleitung versehen. Diese Verbindung verkürzt Ein-/Aussetzfahrten von/nach Huchting, ist aber nur für Fahrzeuge mit ausreichend breiten Radreifen zugelassen, die von unseren 3 Fahrzeugen nur der 917 hat. Die beiden anderen Wagen müssen einen Umweg über Tramgleise nehmen. Die Verbindungsstrecke verläuft unterhalb der Autobahn, die auch die Fahrleitung trägt.
Alle 3 Fahrzeuge, nun wieder vereint, in Huchting. Nun müssen wir uns etwas beeilen, um nicht in den Fußball-Rückreiseverkehr zu geraten.
Unser letzter Abstecher führt nach Gröpelingen, das über 2 paralle Strecken erreichbar ist, die kurz vor dem Endpunkt Betriebshof mit einer selten benutzten Betriebsstrecke verbunden sind, Wagen 917 dreht die Runde anders herum als 811 und 134 und so begenet man sich genau auf dieser Betriebsstrecke.
Noch rechtzeitig sind wir zurück am Hauptbahnhof, aber die Deutsche Bahn beglückt uns erneut wegen der Bauarbeiten mit Verspätung von 20 Min.
trotz der Verspätung versuchen einige Unentwegte noch, die Rückfahrt einer für den gleichen Tag angesetzten T-Wagen Sonderfahrt der Hamburger U-Bahn zu erreichen. In Barmbek reicht es gerade noch für eine Runde auf dem „Kleinring” Berliner Tor - Stephansplatz - Kellinghusenstraße - Barmbek. Hier die Wagen 8838 und 220 beim Aussetzen in der Abendsonne.
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