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Studienfahrt Dessau / Köpenick am 24. 10. 2015
VVM-Studienfahrten sind in der Regel öffentlich, jeder, der Interesse daran hat,
kann gerne teilnehmen. Infos zu aktuellen Fahrten finden Sie unter
Termine.
Statt Bielefeld nun Dessau und Köpenick die Planung von Studienfahrten muss immer mehr Hindernisse beachten und es verwundert nicht, dass kommerzielle Reiseanbieter kaum noch Bahnfahrten anbieten teuer und unzuverlässig.
Einen Reisebereicht finden Sie auch in den
Hamburger Nahverkehrsnachrichten
4/2015.
Text und Bilder soweit nicht anders vermerkt: © R. König und W. Greiffenberger.
Bei der Vorbereitung einer Studienfahrt geht es manchmal drunter und drüber, berücksichtigt werden müssen u.a. Baustellen und andere Eventtermine in den zu besuchenden Städten und auf den Reisewegen. Schließlich starten und enden unsere Touren stets in Hamburg (möglichst mit Erreichbarkeit aus Kiel). Bei dieser Planung war es gefühlt die „Variante G” die es letztendlich wurde.
Die Anreise erfolgte Per ICE Hamburg Berlin Lutherstadt Wittenberg mit Umstieg in eine Regionalbahn nach Dessau. Kurz vor dem Ziel begleiteten den Zug kilometerweit die trostlosen riesigen Bahnanlagen bei Roßlau, die bis auf die Streckengleise auf den Abriss warten. Über die zahlreichen erneuerten Brücken der Muldemündung in die Elbe war das Ziel dann erreicht.
Der erste Eindruck vom Planbetrieb vor Eintreffen der historischen Wagen: Wagen 305 in der Schleife vor dem Hbf.
Es geht los! Als erster der beiden gecharterten historischen Wagen fährt Tw 28 in die Schleife Hauptbahnhof ein. Bei diesem Wagen handelt es sich um den ex Leipziger Typ „22c”, 1925 von Werdau gebaut und 1966 mit einem neuen Stahlwagenkasten versehen. 1982 zum Rangierwagen degradiert, wurde er 1988 nach Dessau abgegeben, wo er zum Historischen Tw 30 (Nummer bis 2000) wurde und mit einer dunkelgrünen Lackierung lief. Ab 2009 abgestellt, ist der „Pullmanwagen” jüngst aufgearbeitet und erst im Juni 2015 in den Einsatzbestand zurückgekehrt. Bis 1975 gab es so einen Wagen im Dessauer Bestand, dieser entstand allerdings schon 1963 aus einen abgebrannten Tw der DFW (Dessauer Fahrzeugwerke) von 1929.
Das Dessauer Netz gehört mit heute 12,9 km Länge zu den kleinsten in Deutschland. Der allerkleinste Zustand bestand zwischen 1974 (Stilllegung Hauptbahnhof Rosenhof nördlich des Hauptbahnhofes) und 1987 mit nur 5,3 km Länge der Linie 1. Die Strecke zum Rosenhof war der Rest der ehemaligen Strecke in die Nachbarstadt Roßlau (1935-45 eingemeindet, seit 2007 vereinigt zu Dessau-Roßlau). Diese Verbindung wurde 1945 durch Zerstörung der Brücken über Elbe und Mulde unterbrochen, das Material abgebaut und zum Wiederaufbau im Dessauer Innenstadtbereich verwendet. Bis 1971 gab es noch eine Strecke Gärungschemie August Bebel Straße (Askanische Straße) Markt Katholische Kirche. Von 1951 bis 1980 wurde die Gesamtumstellung auf Busse verfolgt, die aufkommensstarke Linie vom Hbf. zur Südstadt ließ die Bahn dann doch überleben und ab 1980 wurde wieder ein Ausbau geplant.
1987 wuchs das Netz durch die neue Stichstecke zur Kreuzbergstraße wieder etwas, und ab 1998 wurde dann die Strecke nach Dessau West gebaut und in zwei Schritten 2000 und 2002 eröffnet. Am Streckenende wird das Plattenbaugebiet Zoberberg mit einer Schleife im Uhrzeigersinn (4 Haltestellen) umfahren. Hier haben wir bereits die (als dritte Haltestelle der Schleife) Endstelle der Linie 3 „Junkerspark” erreicht. Neben uns Tw 310 aus dem aktuellem Wagenpark. Der helle Fleck in Bildmitte ist die Sonne, die uns fröhlich ins Gesicht schien. Erschreckend allerdings immer noch zu sehen ist, wie viel Leerstand es in den Plattenbauten noch gibt, und dass immer noch ein Rückbau ganzer Häuser stattfindet.
Knackpunkt der Strecke ist die „Lindenstraße”. Diese kleine Wohnstraße mit Einfamilienhäusern wird eingleisig durchfahren. Unser zweiter Tw 30 muss vor Beginn der eingleisigen Strecke etwas warten bis diese frei ist. Gelegenheit zum Foto mit Apfelbaum. Am anderen Ende liegt die Haltestelle Kleine Schaftrift, Endstelle des 1. Bauabschnittes. Als Wendemöglichkeit besteht hier ein Gleisdreieck. Dieser 1. Streckenteil führt auch am ehemaligen Werksgelände der Junkers Flugzeugwerke entlang, heute überwiegend Brachland, wie auch ein Teil der Werkswohnsiedlung, die vor einigen Jahren noch als völlig eingewachsene Ruinen vorhanden waren. Tw 30 ist ein sogenannter Aufbauwagen der Waggonfabrik Werdau von 1948. Er war bis 1971 im Einsatz und wurde dann Hilfsgeräte- und Winterdienstwagen G1. 1987 abgestellt, erstrahlt er seit 2000 im neuen Glanz als historisches Fahrzeug.
Wie schon erwähnt wurde 1987 die Stichstrecke zum Wohngebiet Kreuzbergstraße (mit zwei Zwischenhaltestellen) eröffnet. Seit der Wende ging auf dieser Strecke das Fahrgastaufkommen sehr stark zurück (diverse Wohnblocks wurden abgerissen), so dass der Ast bereits mehrfach „auf der Kippe” stand. Derzeit verkehrt hier Montag Freitag die Linie 4 im 30 Minuten Takt zum Hauptbahnhof (Linien 1 und 3 verkehren Mo-Sa alle 15 Minuten, Sonntags alle 30). Am Wochenende wird der Ast durch Stichfahrt der Linie 1 (Samstags nur jede 2 Fahrt je Richtung) mitbedient, so dass hier auch am Wochenende ein 30 Minuten Takt besteht.
Die Straßenbahnbetriebszeit endet täglich abends ca. 20 Uhr. Bis Mitternacht verkehren dann „Nachtbuslinien” im Stundentakt. Es gibt neben der Straßenbahn in Dessau 8 Tagesbuslinien + 5 innerhalb Roßlaus sowie 5 Nachtbuslinien. Dafür stehen rund 25 Zweiachser (überwiegend MAN - CNG) sowie 4 MB Sprinter zur Verfügung. Tw 30 kommt hier bereits aus der Stichstrecke heraus und biegt nach links Richtung Dessau Süd ab. Die im Hintergrund schwach zu erkennende 1 wird nach rechts zum Hauptbahnhof abbiegen. Die Strecke nach Dessau Süd führt auch an der ehemaligen Werkswohnsiedlung des Eisenbahn-Ausbesserungswerks aus den 1920er Jahren vorbei (heute DB-Werk für E-Loks) die rund 2 Jahrzehnte leer stand und nach derzeit laufender Renovierung und Modernisierung ein gefragtes Wohngebiet wird, das auch der Tram neue Kunden bringen könnte.
Ein schöner Rücken kann auch entzücken... Hier sind wir schon im Betriebshof angekommen. Beide historische Wagen präsentieren ihr Hinterteil, wobei „Hinterteil” für den Tw 30 als Zweirichtungswagen natürlich nur bedingt gilt.
Spätestens ab 1975 bis 1993 wurde der Betrieb ausschließlich mit 2x Lowa- (1955 bis 1979) sowie Gotha- (ab 1962) und Rekowagen (ab 1973) abgewickelt, von diesen ist aber keiner mehr in Dessau vorhanden, nachdem ein Erhalt je eines Typs (außer Lowa) als Museumswagen 2008 abgebrochen wurde. Außer der dreigleisigen Unterstell-Halle (Bild) findet sich auf dem gemeinschaftlichen Bus- und Bahn-Betriebshof, der 1997 eröffnet wurde, auch eine Werkstatthalle mit drei Gleisen und eine eingleisige Pflegehalle.
Die Halle von vorn betrachtet. wir sehen den letzten im Einsatzbestand (Schülerverstärker und Reservefahrzeug) verbliebenen GT8 003 (DUEWAG 1963, 1993 ex Duisburg 1047, 1965 ex 6x 247). 1993 waren diese allerdings, obwohl zum Teil älter als die vorhandenen Zweiachser, ein Quantensprung für den Betrieb. Der nächste folgte mit Auslieferung der 10 aktuellen NGT6DE von Bombardier, die 2002 die ex Duisburger ersetzten und damit das moderne Niederflurzeitalter einläuteten. Rechts 308, der wie fast alle eine Vollwerbung trägt, eine richtige „Hauslackierung” gibt es seit Ende der Zweiachser nicht mehr.
Von den ehemals 14 aus Duisburg übernommenen Fahrzeugen sind noch vier vorhanden: 003 im Einsatz, 007 Partywagen, 012 als Rangierwagen im Betriebshof, sowie 001 betriebsunfähig abgestellt.
Partywagen 007 (1992 ex Duisburg 1052) wird uns nun zurück zum Hauptbahnhof bringen. Eigentlich war 003 geplant ist aber leider kurzfristig defekt geworden und war nicht einsetzbar. Weil ungeplant genutzt, war die im Mittelteil des 007 eingebaute Bar leider nicht bestückt... Interessant, dass der Wagen im Vorderwagen ein abgetrenntes „Raucherabteil” und die Toilette hat.
Hier haben wir unser Ziel Hauptbahnhof (im Hintergrund) bereits erreicht und der Partywagen kehrt zum Betriebshof zurück. Dem aufmerksamen Betrachter fällt sicherlich der zweite Stromabnehmer auf dem C-Teil des Wagens auf sein zweites Einsatzgebiet ist der Winterdienst, mit dem zweiten Bügel wird die Fahrleitung geschmiert.
Bevor wir nach Berlin wechseln, noch mal ein Blick auf einen der 10 Flexity Classic von Bombardier Bautzen, die hier den regulären Betrieb abwickeln. Die zweiteiligen 6x Wagen haben einen Niederfluranteil von 70 %. Der gerade am Hauptbahnhof gestartete 304 passiert das Hotel „Radisson Blu Fürst Leopold”, das erste Haus am Platze. Als wichtige Sehenswürdigkeiten ist das Bauhaus zu nennen und das Dessau-Wörlitzer Gartenreich, beide in der UNESCO Welterbe-Liste.
Die RE-Fahrt nach Berlin war für etliche Teilnehmer vermutlich die erste Fahrt mit einer „Hamsterbacke”, einem Talent II-Triebzug der Baureihe 442 der DB. Die Strecke von Roßlau über Belzig nach Berlin liegt für Hamburger kaum mal „auf dem Weg”. In Wiesenburg waren die traurigen Reste der inzwischen auch zwischen dort und Güsten von der DB stillgelegten „Kanonenbahn” zu bewundern, die ab Güterglück noch für ICE-Umleitungen saniert und elektrifiziert worden war. Auch den noch voll in Betrieb stehenden Rangierbahnhof Seddin bekommt man als Hamburger selten zu sehen.
Willkommen in Berlin!
Seit unserem Besuch 2014 hat sich viel getan. Der DVN musste das inzwischen vermarktete Betriebshof-Gelände in Niederschönhausen tatsächlich räumen (schön dass wir es noch gesehen haben), und ist nach Köpenick umgezogen. Ausgerechnet nun musste an der Lindenstraßenbrücke eine mehrmonatige Gleisbaustelle eingerichtet werden, die das Süd-Köpenicker Netz vom Rest trennt. Also ein recht begrenzter Aktionsradius für die historischen Wagen. Nur wie hinkommen die Regionalbahnen sind ebenfalls auf der Stadtbahn unterbrochen. S-Bahn querdurch? müsste man boykottieren „S-Bahn Boykott” da war was..., und erwartet uns nun am Bahnhof Charlottenburg. Der D2U 64 (Doppeldecker 2-Achsen Unterflurmotor Bautyp 1964) Wagen 1629, letztgebautes Exemplar d e s West Berliner Busses der 1950er und 60er Jahre. Zwischen 1951 und 1965 entstanden 930 Exemplare, die überwiegend die stillgelegten Straßenbahnen ersetzten. Auf fast jeder Postkarte aus der damaligen Zeit ist einer zu sehen und jahrelang konnte man ein Miniaturexemplar als Berlin-Souvenir erwerben. Die Letzten D2U wurden erst 1978 ausgemustert.
Nochmal der Büssing mit einer Heckansicht, gleich geht es nun weiter via Stadt-Autobahn: Seit den Arbeiteraufständen 1953 und spätestens nach dem Mauerbau 1961 war es in West-Berlin verpönt, die von der Ost-Berliner Reichsbahn betriebene S-Bahn zu nutzen. „Der S-Bahn Fahrer zahlt den Stacheldraht” „Keinen Pfennig mehr für Ulbricht”... waren typische Parolen der Zeit. Zur „Konkurrenz” setzte die BVG beginnend ab 1958 auf der parallel zur S-Bahn Ringlinie führenden Stadtautobahn und den nach Wannsee führenden AVUS Buslinien Doppeldecker ein, inklusive extra errichteter Haltestellen am Seitenstreifen. Dieser Betrieb endete mit Übernahme der S-Bahn durch die BVG ab 1984 weitgehend. Heute wird nur noch ein kurzer Abschnitt zwischen Charlottenburg-Nord und Tegel (A111) befahren und es ist noch eine solche Haltestelle in Betrieb (Hinckeldeybrücke Linien M21 und 128). Die 1958 eingerichtete Linie 65 (zuletzt 105) befuhr die Stadtautobahn 1973-1980 sogar auf (damals) ganzer Länge. Sie hielt sich noch bis zur Wiedereröffnung des S-Bahn Südringes 1993. Einem Teilstück dieser Strecke werden wir folgen, und dabei ein wenig nach letzten Spuren Ausschau halten. Ein zwischenfotohalt ist heute allerdings verständlicherweise nicht möglich. Dafür unterhält uns der historische Pendelschaffner „Dufte”.
Nicht historisch ist allerdings die heutige Autobahnverlängerung in die ehemaligen Ost-Sektoren bis nach Köpenick hinein, die wir nun benutzt haben, und schon gar nicht die Buslinienführung über die „Grenze”. Diese Erkenntnis bekommt auch eine Passantin, die meint: „Oh, damit bin ich als Kind immer zur Schule gefahren”. Die misstrauische Nachfrage des Schaffners nach der damaligen Liniennummer entlockt ihm prompt ein klares „Niemals!”, denn, Sie ahnen es, es handelte sich um eine „Ost Linie” und dort waren dann eher die Do54 der BVB (siehe unsere Fahrt 2014) im Einsatz. Unser West (!) Wagen stellt sich derweil nochmal perfekt in die Sonne.
Gebracht hat uns der Bus hierhin: Seit 1990 hat es eine Handvoll relevante Netzerweiterungen in Berlin gegeben. Eine davon war im September 2011 die Verlängerung vom S-Bahnhof Adlershof in die neu zu erschließende sogenannte Wissenschaftsstadt, mit zwei Zwischenstationen zur neuen Endstelle Karl-Ziegler Straße. Die Endstelle, an der nun gerade ein GT6N Wagen der Linie 60 eintrifft, lag vor kurzem noch fast gänzlich auf der grünen Wiese. Langfristig ist die Verlängerung mit Lückenschluss zum Bf. Schöneweide beabsichtigt.
Die historischen Straßenbahnen sind da und da muss man dieses West-Ost Treffen mal wirken lassen. Formschöne Fahrzeuggesichter der 1950er und 60er Jahre..., da hält sich der „moderne” Tatra vornehm im Hintergrund zurück. Der eigentlich vorgesehene historische Cöpenicker mit offenen Plattformen war aber leider abgesagt worden, man befürchtete Ende Oktober bereits eher für einen solchen Wagen ungünstige Wetterbedingungen, die aber erfreulicherweise ausblieben.
Und schon sind wir an der nächsten Endhaltestelle: Wendenschloss. Diese schmale, sehr im Grünen liegende Siedlung verdankt ihren Namen keinem Schloss sondern einem Ausflugslokal. Eingezwängt zwischen der Drame (Nebenfluss der Spree) und dem Berliner Staatsforst könnte man außer nach Norden nur noch mit der Personenfähre F12 (im 30 Minuten Takt) nach Grünau entkommen. Die Wendenschloss-Strecke wurde 1903 als erste Strecke der Städtischen Straßenbahn Cöpenick (bis zum Bahnhof) elektrisch eingerichtet. Vorher bestand nur zwischen Bahnhof und Schlossplatz eine private Pferdebahn. Wir nutzen die Pause um etwas Fachliteratur u.ä. aus dem mitgebrachten Bauchladen zu erwerben. Neben uns pausiert wieder ein GT6N auf der hier endenden Linie 62.
„Straßenbahniger” geht es kaum noch: Der Fahrer des den Sonderwagen folgenden Planzuges muss an der Einfahrt zur Schleife Wendenschloss die Weiche von Hand zurückstellen. Auffällig, wie hier die Tram die gesamte Fahrbahnbreite einnimmt und es gibt nicht einen einzigen öffentlichen Parkplatz! Was in der Hauptstadt geht, wäre in Hamburg natürlich völlig undenkbar. Unschön dagegen die für die hiesigen geringen Betriebsanforderungen sicherlich überdimensionierte Kettenfahrleitung, die sich auch gestalterisch nicht in die Idylle einpasst, oder werden hier demnächst ICE mit 200 km/h erwartet?
Bevor wir uns den Fahrzeugen widmen, ein Detailblick in den Großraumwagen, auch das ist DDR-Nahverkehr: Fahrkartenautomat mit Fahrgast Selbstkontrolle: Das passend eingeworfene Fahrgeld fällt in ein Feld des Spinnrades, die Fahrkarte erhält man nun durch Ziehen am Griff, der gleichzeitig das Rad eine Position weiterdreht. Erst beim dritten folgenden Fahrgast fällt das bis dahin noch sichtbare Geld vom Spinnrad endgültig in die Box. Jeder kontrolliert also die zwei vorangegangenen Fahrgäste. Und Entwerter: Durch das Drücken des Knopfes wird die eingesteckte Fahrkarte rein mechanisch gelocht. Mit grünem Hammerschlaglack gestrichene Seitenwandverkleidungen aus Sperrholz oder oft beuliger Hartfaserplatte zierten nicht nur Straßenbahnen, sondern auch Eisenbahnen wie die zahlreichen 2- und 3x Reko-Wagen.
Im Zustand 1989 präsentiert sich der KT4D 219 481 (Tatra 1986) vor dem Rathaus Köpenick (die bekannteste Figur Köpenicks, der „Hauptmann” wird gerade verdeckt). Wenig DDR-typisch ist allerdings die Optik des Wagens, Standard waren eher außen wie innen schäbige Fahrzeuge mit schlecht schließenden zugigen Türen. Wegen der ungenügenden Stromversorgung kamen die KT4D zunächst überhaupt nicht hierher Tatras wurden in Köpenick erst in den 1990er Jahren aber zunächst in der Großraumvariante T6A2 + B6A2 nach und nach eingesetzt, endgültig dann ab 1996. Erst als diese nun wiederum ausgemustert wurden (bis Dez. 2007) kamen die KT4D hierher, da natürlich schon längst nicht mehr in Orange/Elfenbein. Foto: © H. Tschirner.
Für einige Jahre wird man in Berlin noch Tatra KT4D, die Berlin 1975-1987 beschaffte (438 Stück mit Beschleuniger sowie 99 mit Thyristorsteuerung), in der modernisieren Version erleben können, der 481 allerdings wurde schon 1998 vor dieser Modernisierung als historischer Wagen zurückgestellt und kürzlich in den Vorwendezustand zurückversetzt. Es existiert außerdem der Schwesterwagen 482, dieser soll dann im Nachwendezustand verbleiben.
Nun sind wir auf der legendären Schmöckwitz-Grünauer Uferbahn (Das Ufer des Langer Sees liegt rechts vom Betrachter). Spontan eingelegter Fotohalt kurz hinter der Haltestelle Lübbenauer Weg. Dieses Teilstück entstand erst 1925 zur erweiterten Siedlungserschließung durch Verlegung der ansonsten 1912 entstandenen Bahn. 1925 ist auch das Jahr, in dem die bislang eigenständige Linie an die Berliner ging und in Grünau mit dem Köpenicker Netz (1925-1993 Linie 86, jetzt 68) verbunden wurde. Legendär wurde die Linie hauptsächlich wegen des starken Ausflugsverkehrs zu den Regattastrecken auf dem Langer See. Zu den Olympischen Spielen 1936 erfolgten hier alle Ruderwettbewerbe. In den 1950er Jahren wurden auf dieser Strecke die ersten 4x Großraumwagen aus DDR-Produktion getestet, womit wir beim Fahrzeug sind: TDE 218 001 (ex 8002) wurde (1958 Ammendorf/Gotha) als Prototyp auch zunächst genau hier getestet. Das Fahrzeug wurde später der nachfolgenden Serie teilweise angeglichen (u.a. bis 1966 vorne und hinten geschlossene Schürzen, bis 1972 schräggestellte Stirnscheibe). Die Besonderheit der vorderen Einzeltür, der 2x drei Seitenfenster zwischen den Türen und dem nur halbhoch verkleideten Fahrerraum blieben aber erhalten. Gefahren wird mit einer halbautomatischen Druckknopfsteuerung, gebremst mittels stufenlosem (was zeitlebens bemängelt wurde) Fußpedal.
Zwischen 1962 und 1964 wurden 65 Triebwagen und 121 Beiwagen gebaut, davon erhielten Dresden 19 und Magdeburg 14 Züge, die schon nach wenigen Jahren auch nach Berlin wechselten, da man inzwischen mit Tatra T4D beliefert wurde. In Berlin kamen die überzähligen Beiwagen hinter verschiedenen 2x Tw zum Einsatz. Der Wagen war bis März 1989 im Einsatz und ist seitdem historisches Fahrzeug etwa im letzten Einsatzzustand. Der zugehörige Beiwagen wurde 1978 ausgemustert und verschrottet.
Von den späteren Serienfahrzeugen ist der Zug 218 025 mit Beiwagen 268 058 in Berlin erhalten (z.Zt. abgestellt). Nach Dresden wurde der Zug 1734 + 2015 zurückgeholt und rekonstruiert.
Es wird dämmrig, wie man an der bereits leuchtenden Gaslaterne sehen kann. Berlin verfügt noch über eine ganzer Reihe historischer Gaslaternen, um deren Erhalt gekämpft wird.
Wir haben die Endschleife Schmöckwitz erreicht. Leider verhindert ein Falschparker die Einfahrt in das zweite Aufstellgleis, so dass ein Bild nebeneinander leider nicht möglich ist. Einsatzgebiet der Großraumwagen waren die Betriebshöfe Lichtenberg und Köpenick + Schöneweide (Betriebliche Einheit). Die überzähligen Beiwagen waren aber auch in Niederschönhausen und Weißensee anzutreffen. Die Linien 83 (62) Wendenschloß Mahlsdorf und 86 (68) Schmöckwitz Bf. Köpenick waren über die gesamte Einsatzdauer Großraumwagen-Linien.
Die KT4D waren auf allen Betriebshöfen in großer Zahl anzutreffen, nur in Niederschönhausen und Köpenick hielten sich die Altfahrzeuge länger.
Entgegengesetzt zur Bild-Blickrichtung befindet sich die kleine ehemals 4-gleisige Wagenhalle der Uferbahn von 1912. Mit Bau der Wendeschleife 1926 konnten zwei Gleise nicht mehr erreicht werden, und der Hof wurde aufgegeben und fremdgenutzt. Nach 1951 wurde der nördliche Teil (der südliche wurde als Bootshaus genutzt) mit zwei Gleisen wieder als provisorische Werkstatt eingerichtet, in den 1950er und 1960er Jahren waren hier die Versuchsgroßraumwagen 8001 +30001 beheimatet. Diese erste Generation kam wegen Überbreite nicht über Grünau hinaus, eingesetzt bis 1961, 67 ausgemustert und 69 verschrottet. Ab 1973 arbeitete hier der DVN (bzw. dessen Vorläufer) an den historischen Fahrzeugen. 2006 musste man ausziehen, weil die BVG das Gelände verkaufen wollte, der Gleisanschluss wurde daraufhin entfernt. 2008 brannte der Schuppen mitsamt einem letzten verbliebenen (fahrunfähigen) Straßenbahnwagen ab. Seitdem steht das Ensemble als Brandruine, auf ein Bild kann man verzichten.
Bevor wir uns zurück nach Grünau und damit auf unsere Rückreise nach Hamburg begeben, noch eine kleine Demonstration am KT4D: Ein Problem von Rollbandanzeigern war oft das Schieflaufen durch partiell unterschiedliche Dehnung/Schrumpfung des Bandmaterials, besonders so lange noch Bänder auf Textilbasis verwendet wurden. Man verringerte das Problem durch möglichst kurze Bänder, die nur die Ziele der Einsatzstelle enthielten. Erst mit Verwendung moderner Kunststofffolien trat Besserung ein, ganz beseitigt wurde das Problem damit aber auch nicht. Mit den inzwischen gängigen digitalen Anzeigen gehört die Problematik weitgehend der Vergangenheit an, die 219 481 hier demonstriert. Die geschilderte Linie 20 verkehrte vom Hackeschen Markt Weinmeisterstr. Prenzlauer Alle Antonplatz Indira-Gandhi-Str. Herzbergstr. zum Bf. Lichtenberg (Gudrunstraße), eine Route, die schon kurz nach der Wende komplett gestrichen wurde. Heute müsste man mindestens 2x umsteigen und die Weinmeisterstraße wird nur noch als Ausweichstrecke vorgehalten Linie M2 fährt stattdessen Neubaustrecke und endet am Alex.
Das war das Stichwort: Wir müssen uns verabschieden! Unsere Rückfahrt beginnt schon völlig im Dunkeln am S-Bahnhof Grünau, standesgemäß mit einer Auswahl zwischen fast historischen 480 (ex BVG West) und reaktivierten, schon abgestellt gewesenen „Cola-Dosen” 485 (ex DR Ost). Weil der Weg zum Südkreuz wegen Weichenbauarbeiten mit SEV belegt ist, geht es ersatzweise via Ostkreuz und Stadtbahnstrecke zum Hauptbahnhof, wo wir unseren pünktlichen EC nach Hamburg besteigen, der sich kurz vor Hamburg dann doch noch ein paar zusätzliche Minuten gönnt.
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